Warum die Psychische Gefährdungsbeurteilung für Ihr Unternehmen unverzichtbar ist

Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt

Psychische Gesundheit ist eine essentielle Voraussetzung für Wohlbefinden, Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und soziale Teilhabe. Eine Beeinträchtigung von psychischer Gesundheit ist in der Bevölkerung jedoch weit verbreitet. Dies geht von leichten Einschränkungen des psychischen Wohlbefindens bis hin zu psychischen Störungen. Das hat einen erheblichen Einfluss, sowohl auf Individuen, als auch auf die Gesellschaft. Eine Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit hat außerdem einen negativen Einfluss auf die körperliche Gesundheit und auf das Gesundheitsverhalten. Weit verbreitete psychische Erkrankungen sind zum Beispiel Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen und Demenzerkrankungen.

Die Entstehung einer psychischen Erkrankung ist von vielen Risikofaktoren abhängig, wie z.B. berufliche Belastung, schwerwiegende Lebensereignisse, Lebensstil, Persönlichkeitsfaktoren und sozialer Status. Neben den Risikofaktoren haben wir aber auch Schutzfaktoren, wie z.B. soziale Unterstützung, Resilienz und gesunder Lebensstil, die uns vor einer Erkrankung schützen. Statistiken bestätigen die steigende Relevanz psychischer Erkrankungen.


Entwicklung von Arbeitsunfähigkeitsfällen und -tagen aufgrund psychischer Erkrankungen in Deutschland in den Jahren 2006 bis 2016 (Index 2006 = 100)

Quelle: Statista 2018

Die Zahl der Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen steigt jedes Jahr stetig an. Mittlerweile sind die psychischen Erkrankungen in den TOP 3 der Gründe für einen Arbeitsausfall. Hinzu kommt noch, dass Mitarbeiter mit psychischen Erkrankungen eine längere Krankheitsdauer haben. Bei einem psychisch bedingten Krankheitsfall liegt die Krankheitsdauer bei durchschnittlich 36 Tagen. Das ist dreimal so hoch wie bei den anderen Erkrankungen, die eine durchschnittliche Dauer von 12 Tagen haben. (BKK Gesundheitsreport 2016, S. 47)

Darüber hinaus sind psychische Erkrankungen die häufigste Ursache für krankheitsbedingte Frühberentungen. Der Anteil an Personen, die aufgrund psychischen Leidens frühzeitig in Rente gingen, ist von 15,4% im Jahr 1993 auf 42,9% im Jahr 2015 angestiegen. (Deutsche Rentenversicherung Bund: Rentenversicherung in Zeitreihen 2016, S. 111)

Außerdem treten Berentungsfälle bei psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen deutlich früher ein im Vergleich zu den anderen Diagnosegruppen. Das Durchschnittsalter liegt hier bei 48,1 Jahren. (Deutsche Rentenversicherung: Positionspapier zur Bedeutung psychischer Erkrankungen, 2014, S. 24)


Prozentueller Anteil der häufigsten Krankheitsarten in Deutschland in den Jahren 2012 bis 2016

Quelle: Statista 2018

In diesem Webinar lernen Sie das Verfahren der Psychischen Gefährdungsbeurteilung kennen und erfahren wie Sie von den Vorteilen des Verfahrens bei einer Anwendung in Ihrem Unternehmen profitieren. Die Maßnahmen werden Ihnen aufgezeigt, sodass Sie einen konkreten Einblick in die Thematik erhalten und somit eine informative Entscheidungsgrundlage erhalten.


Kosten für die Volkswirtschaft

Die direkten Krankheitskosten auf Grund psychischer Erkrankungen betragen knapp 16 Milliarden Euro pro Jahr. (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2011)

Die Kosten könnten noch laut Berechnungen bis 2030 auf ca. 32 Milliarden Euro ansteigen. Die indirekten Kosten durch Produktivitätausfälle und durch vorzeitige Verrentung sind hier noch gar nicht einkalkuliert.

Produktivitätsausfallkosten aufgrund psychischer Erkrankungen lagen 2008 noch bei ca. 4 Milliarden Euro. Bis 2014 sind diese auf 8,3 Milliarden Euro angestiegen. Hinzu kommt der Ausfall an Bruttowertschöpfung durch Krankschreiben aufgrund psychischer Erkrankungen, der im selben Zeitraum von ca. 7 Milliarden auf 13,1 Milliarden Euro angestiegen ist. (Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2014, S. 44)

Ursachen für den Anstieg der psychischen Erkrankungen werden am höheren Stress gesehen, dem wir im Arbeitsalltag ausgesetzt sind. Die höheren Anforderungen hinsichtlich der Qualifikationen, der geforderten Flexibilität und Mobilität, sowie der Forderung von ständiger Erreichbarkeit sind Faktoren, die zu dem höheren Stress im Arbeitsalltag führen. Eine weitere Ursache wird auch beim Anstieg der Sensibilität und des Bewusstseins für psychische Erkrankungen in der Gesellschaft gesehen. Während früher statt den psychischen Erkrankungen häufig die körperlichen Folgen wie z.B. Herz-Kreislauferkrankungen, Migräne und Magengeschwüre diagnostiziert wurden, werden heute die psychischen Erkrankungen eher erkannt.

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Modelle von Stress und psychischer Belastung

Im 19. Jahrhundert basierte das Verständnis von Gesundheit auf dem biomedizinischen Krankheitsmodell. Geprägt wurde das Modell vom naturwissenschaftlichen Denken und dem Glauben, man könne den Menschen und die Funktionen des Körpers wie eine Maschine betrachten. Daher wurde die Gesundheit als Abwesenheit oder Freisein von Krankheit definiert, oder anders gesagt: Wer keine Symptome einer Krankheit zeigt ist gesund, wer die diagnostischen Kriterien erfüllt, bekommt eine Diagnose zugeordnet und gilt als krank. Damit wurde suggeriert, dass man für seine eigene Gesundheit nicht verantwortlich ist, da die Ursachen für Krankheiten ausschließlich durch genetische oder externe Faktoren entstehen würden. 

George Libman Engel (1913-1999) veröffentlichte im 20. Jahrhundert das biopsychosoziale Modell, das als Erweiterung des biomedizinischen Modells gesehen wurde. Zu der körperlichen Dimension wurde die psychische und die soziale Dimension ergänzt und man ging nun von der Vorstellung aus, dass Krankheiten durch ein Wechselspiel der Faktoren aus diesen drei Dimensionen entstehen. Die Definition der World Health Organisation (WHO) aus dem Jahr 1946 verdeutlicht dies: „Gesundheit ist der Zustand des völligen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freisein von Krankheit und Gebrechen.“. Zu dieser Definition kann ergänzt werden, dass die Gesundheit immer wieder aufrechterhalten und wiederhergestellt werden muss und somit ein dynamischer Prozess ist. Diesen Aspekt hat die WHO aktuell in ihre Definition aus dem Jahr 1986 einfließen lassen: „Gesundheit ist ein positiver funktioneller Gesamtzustand im Sinne eines dynamischen biopsychologischen Gleichgewichtszustandes, der erhalten bzw. immer wieder hergestellt werden muss.“

bio-psycho-soziales Modell


Belastungs-Beanspruchungsmodell

Das Belastung-Beanspruchungsmodell stammt aus der Arbeitsmedizin und ist heute weit verbreitet. Es dient der DIN EN ISO 10.075-1 als Grundlage zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen psychischer Belastung (Ursache) und Beanspruchung (Wirkung) bei der Arbeit. Das Modell basiert dabei auf einem einfachen Prinzip. Alle auf das Individuum einwirkenden psychischen und physischen Umweltfaktoren werden Belastungen genannt. Individuelle Folgen bzw. Auswirkungen sind definiert als Beanspruchung. Belastungen und Beanspruchungen sind nicht grundsätzlich schädlich für den Menschen. Es kommt auf die persönlichen Ressourcen der Person an. Denn jeder Mensch hat andere Bewältigungsstrategien und Ressourcen für den Umgang mit Stresssituationen. Eine Fehlbeanspruchung entsteht dann, wenn die individuellen Ressourcen einer Person durch eine Belastung zu gering oder zu stark beansprucht werden.

belastungs-beanspruchungs-modell


Stressoren in der Arbeitswelt

Im Arbeitskontext gibt es viele Situationen und Zustände, die beim Menschen Stress auslösen können. Diese Quellen von Stress werden Stressoren genannt. Die Leitlinie „Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzkonferenz unterteilt die Stressoren am Arbeitsplatz in fünf Bereiche ein: Arbeitsinhalte, Arbeitsorganisation, soziale Beziehungen, Arbeitsumgebung und Arbeitsform.

Bei den Arbeitsinhalten führen vor allem eingeschränkte Handlungsspielräume zu psychischen Belastungen. So haben beispielsweise Selbstständige oder Menschen in kreativen Berufen eher große Handlungsspielräume, wohingegen Fließbandarbeiter sehr geringe bis gar keine Kontrolle bei ihrer Arbeit haben, da der Arbeitstakt durch die Pausenregelungen und die Bandgeschwindigkeit bestimmt wird. Die hohe psychische Belastung entsteht in diesem Fall dadurch, dass der Arbeiter durch die fehlende Kontrolle kaum Bewältigungsspielraum zur Verfügung hat.

Stressoren der Arbeitsorganisation hängen mit der Struktur und Koordination der Arbeitsprozesse zusammen. Lange Arbeitszeiten und Überstunden führen zu einer Einschränkung der notwendigen Erholungsphasen, die für den Abbau der Arbeitsbeanspruchungen und somit für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit unabdingbar sind. Weitere Stressoren in diesem Bereich sind Zeit- und Termindruck, hohe Arbeitsintensitäten und ständige Unterbrechungen im Arbeitsablauf. 

Die zwischenmenschlichen Interaktionen in der Arbeit können für den Menschen eine soziale Unterstützung und somit eine protektive Ressource darstellen. Jedoch können die sozialen Beziehungen eine psychische Belastung sein, wenn es zu Konflikten mit Mitarbeitern und Führungskräften kommt. Mangelnde Anerkennung und ungerechte Behandlung durch die Kollegen sind in diesem Zusammenhang auch zu nennen.

In der Arbeitsumgebung erzeugen unter anderem schlechte Ergonomie und mangelhafte Arbeitsmittel Stress, da diese die Tätigkeit unnötig erschweren. Ein Beispiel hierfür ist veraltete oder fehlerhafte Software auf den Arbeitsrechnern. Zuletzt sind die Stressoren der Arbeitsform zu nennen, die mit dem Wandel in der Arbeitswelt zusammenhängen. So überwiegen heute statt den körperlich anspruchsvollen Arbeiten die Dienstleistungstätigkeiten, die hohe Anforderungen an die sozialen und psychologischen Kompetenzen des Menschen haben. 



Folgen von Stress

stress-belastung

Viele Zivilisationskrankheiten werden in Zusammenhang mit chronischem Stress gebracht. Aufgrund von Stress können neue Krankheiten entstehen und bereits vorhandene beschleunigt werden. Dabei sind vier Mechanismen für die gesundheitlichen Auswirkungen von Stress kennzeichnend: unverbrauchte Energie, chronische Belastung, geschwächte Abwehrkräfte und gesundheitliches Risikoverhalten. 

In einer Stresssituation werden durch die Aktivierung des sympathischen Nervensystems die Energiereserven des Körpers mobilisiert. Die bereitgestellte Energie wurde früher durch Kampf oder Flucht verbraucht, jedoch sind diese Bewältigungsmethoden heutzutage im Arbeitsleben keine Lösung. Die unverbrauchte Energie (1. Mechanismus) kann auf Dauer ein Gesundheitsrisiko darstellen, da die freigesetzten, im Blut zirkulierenden Nährstoffe wieder gespeichert werden müssen und dabei jedoch die Blutgefäße verstopfen können. Chronische Belastungen (2. Mechanismus) entstehen aufgrund von Stressoren, die über einen längeren Zeitraum immer wieder auftreten. Das sympathische Nervensystem ist in diesem Fall über längere Zeit aktiv, wodurch die Selbstregulations- und Erholungsfähigkeit des Körpers eingeschränkt wird. Das hat auch ein geschwächtes Immunsystem (3. Mechanismus) zur Folge, da bei chronischen Belastungen der Kortisolspiegel chronisch erhöht ist. Kortisol schwächt das Immunsystem, da es immunsuppressive Eigenschaften hat. In Stresssituationen versuchen viele Menschen, den Stress durch ein gesundheitliches Risikoverhalten (4. Mechanismus) zu bewältigen. Dadurch will man die Stressgefühle kontrollieren und sie kurzzeitig betäuben oder vergessen. Rauchen, Alkoholkonsum, ungesundes Essverhalten und die Einnahme von Medikamenten zählen hierzu. Jedoch führen diese Verhaltensweisen zur Schädigung der Gesundheit. 

Auf der kognitiven Ebene hat Stress negative Auswirkungen auf die Arbeitsleistung. Stressoren am Arbeitsplatz führen auf direktem Wege zur Senkung der Arbeitsleistung, da durch Stress die Aufmerksamkeit und die Konzentrationsfähigkeit eingeschränkt und die Gesundheit beeinträchtigt wird. 

Weitere Folgen von Stress sind Absentismus und eine gesteigerte Zahl an Kündigungen. Absentismus und Kündigung können ein Indikator dafür sein, dass Betroffene versuchen dem Stress am Arbeitsplatz zu entfliehen. Die Zusammenhänge zwischen Stress und Absentismus/Kündigung sind jedoch gering, da beide vielschichtige Ursachen haben. Im Privatleben führt der Arbeitsstress oft zu Schlafstörungen. Der Gedanke an eine Stresssituation aus der Arbeit aktiviert das sympathische Nervensystem und macht somit das Einschlafen schwieriger. Dadurch entsteht ein Teufelskreis, da die Unfähigkeit zu schlafen auch Stress erzeugt. Dieser Zustand ist dann kritisch, wenn er über einen längeren Zeitraum anhält. Der Betroffene ist dann tagsüber müde und erschöpft, ist in schlechter Stimmung, nimmt Stressoren intensiver wahr und ist in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. 



Grundlagen der Psychischen Gefährdungsbeurteilung

rechtliche Grundlagen Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen

Die Gefährdungsbeurteilung ist eine strukturierte Erhebung, Dokumentation und Bewertung von Arbeitsplatzbedingungen, die die Gesundheit der Mitarbeiter potentiell gefährden können.

Die Psychische Gefährdungsbeurteilung ist somit ein Tool zur Identifikation von Faktoren, welche zu einer psychischen Fehlbelastung führen können. Sie ist ein wesentlicher Teil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die mit Hilfe der Psychischen Gefährdungsbeurteilung erfassten psychischen Belastungen können im Rahmen eines BGM durch entsprechende Maßnahmen verringert oder beseitigt werden.

Die rechtliche Grundlage für die Psychische Gefährdungsbeurteilung sind das Arbeitsschutzgesetz (ArSchG), die daraus entstandene Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie und die DIN EN ISO 10.075, die Mindeststandards für „Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung“ enthält.

Das Arbeitsschutzgesetz ist dabei die wesentliche Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen.  Der Arbeitgeber wird hier dazu verpflichtet, die Arbeitsbedingungen zu beurteilen und zu dokumentieren. Entsprechend den ermittelten Gefährdungen müssen Maßnahmen abgeleitet werden, die präventiv Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren verhüten. Darüber hinaus legt das Arbeitsschutzgesetz die Erarbeitung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) im §20a fest. In dieser werden einheitliche Grundsätze für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen beschrieben.

Von Relevanz im Arbeitsschutzgesetz (ArSchG) sind vor allem folgende Paragraphen:

§4 Allgemeine Grundsätze:
„Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:
1. Die Arbeit ist so zu gestalten, daß eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird;
2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen;
3. bei den Maßnahmen sind der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen;
4. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und Einfluß der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen;
5. individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen;
6. spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen;
7. den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen;
8. mittelbar oder unmittelbar geschlechtsspezifisch wirkende Regelungen sind nur zulässig, wenn dies aus biologischen Gründen zwingend geboten ist.“

§ 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen:
"(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
6. psychische Belastungen bei der Arbeit.“



Durchführung und Gestaltung

psychische gefaerdungsbeurteilung

Die Inhalte der Psychischen Gefährdungsbeurteilung können der Leitlinie „Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) entnommen werden.

Grundsätzlich muss die Psychische Gefährdungsbeurteilung von einem qualifizierten Aufsichtspersonal durchgeführt werden. Dieses Aufsichtspersonal muss dabei bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Voraussetzungen sind zum Beispiel, dass der aktuelle Stand der fachlichen und fachpolitischen Diskussion zum Thema psychischer Belastung bekannt sein muss. Weiterhin werden Methodenkompetenz und Beratungskompetenzen gefordert. 

Zentrale Fragen bei der Durchführung der Psychischen Gefährdungsbeurteilung sind, ob und wie Merkmale der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation, der sozialen Beziehungen und der Arbeitsplatz- und Arbeitsumgebungsbedingungen im Betrieb ermittelt und welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes zum Erhalt und zur Förderung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei ihrer Arbeit abgeleitet und umgesetzt wurden. Im Betrieb sollte darauf geachtet werden, dass die Gefährdungsbeurteilung als Prozess organisiert und durchgeführt wird.

Welche Instrumente und Vorgehensweisen im Rahmen der Psychischen Gefährdungsbeurteilung verwendet werden, hängt von betrieblichen Faktoren wie der Betriebsgröße oder der Branche ab. Das einfachste Instrument ist die Befragung in Form eines Fragebogens. Hiermit können Sie die subjektive Einschätzung der Mitarbeiter mit geringem Aufwand erfassen und erhalten einen guten Überblick zu den psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Alleinstehend ist die Analyse durch Fragebögen jedoch nicht ausreichend, um Ursachen herauszufinden. Neben der Fragebogenerhebung gibt es noch die Befragung in Form eines Interviews. Hier werden einzelne Mitarbeiter in einem direkten Gespräch nach psychischen Belastungen an ihrem Arbeitsplatz befragt. Das Interview ist jedoch sehr aufwändig, weshalb es bei einer Psychischen Gefährdungsbeurteilung nur als Ergänzung verwendet werden sollte. Eine weitere Methode ist die Analyse durch Beobachtung. In Rahmen einer Begehung kann der Arbeitsplatz von einem geschulten Experten beobachtet werden, wodurch objektive psychische Belastungen festgestellt werden können. Subjektive Belastungen können bei einer Begehung jedoch nicht erfasst werden. Bei einer Beobachtung ist es besonders wichtig, dass der Beobachter die hierfür notwendigen Qualifikationen hat. Eine Methode mit geringem Aufwand und vergleichsweise hohem Nutzen ist die Gruppendiskussion. Mitarbeiter haben hier die Möglichkeit gemeinsam psychische Belastungen am Arbeitsplatz und entsprechende Lösungsansätze herauszuarbeiten. Ein geschulter Moderator, der die Diskussion anleitet, ist dabei vonnöten. Die Gruppendiskussion kann ich Form eines Workshops durchgeführt werden. Ein Nachteil dieser Methode ist, dass die Mitarbeiter aufgrund der Gruppendynamik nicht ihre eigene Meinung wiedergeben, sondern die von der Gruppe erwünschte.

Folgende Qualitätsgrundsätze müssen die Instrumente/Vorgehensweisen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen erfüllen:

  • Es ist beschrieben, für welche Einsatzbereiche das Instrument/Verfahren geeignet ist.

  • Anwendungsvoraussetzungen sind beschrieben.

  • Die methodische Qualität des Instruments/Verfahrens ist geprüft und aus- gewiesen.

  • Das Instrument/Verfahren erfasst und beurteilt Tätigkeiten und Ausführungsbedingungen.

  • Das Instrument/Verfahren berücksichtigt die relevanten Belastungsfaktoren.

  • Das Instrument/Verfahren beinhaltet Methoden bzw. Hilfestellungen zur Beurteilung, ob Maßnahmen zur Minderung von Gefährdungen durch psychische Belastung erforderlich sind oder nicht.

  • Das Instrument/Verfahren sieht die Einbeziehung der Beschäftigten in den Prozess der Gefährdungsbeurteilung vor.



3 Gründe für eine Psychische Gefährdungsbeurteilung

Gründe für psychische Gefährdungsbeurteilung

Mit der Umsetzung und Durchführung der Psychischen Gefährdungsbeurteilung erfüllen Sie als Arbeitgeber vor allem drei wichtige Faktoren.

In erster Linie erfüllen Sie damit die gesetzlichen Pflichten und Anforderungen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass nur vier von zehn Unternehmen sich an diese Verpflichtung halten. Bei einer Nicht-Durchführung kann es jedoch zu rechtlichen Folgen kommen. Deshalb sollten Sie die Psychische Gefährdungsbeurteilung in Ihrem Unternehmen unbedingt umsetzen.

Durch die verfahrenssichere Dokumentation der Ermittlung von psychischen Belastungen und der durchgeführten Maßnahmen haben Sie außerdem einen Nachweis. Dieser wird Ihnen bei der Minimierung von Haftpflichtrisiken helfen. Sollte es doch einmal zu einem Unfall am Arbeitsplatz aufgrund von psychischen Belastungsfaktoren kommen, sind Sie so auf der sicheren Seite.

Der Aufwand für die Durchführung der Psychischen Gefährdungsbeurteilung bietet Ihnen aber einen größeren Mehrwert, als einen bloßen Durchführungsnachweis. Mit Hilfe der Psychischen Gefährdungsbeurteilung haben Sie die Möglichkeit der Optimierung von Arbeitsabläufen und Arbeitsplätzen. Sie erhalten einen tiefen Einblick in die Arbeitsabläufe Ihrer Mitarbeiter und können dadurch Fehlabläufe erkennen und neu strukturieren.

Die Psychische Gefährdungsbeurteilung ist aus diesen Gründen unverzichtbar für Ihr Unternehmen. Warten Sie also nicht länger und setzen Sie diese frühzeitig auch in Ihrem Unternehmen um.



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Gerne stehen Ihnen die RPC Experten für Ihre Fragen zur Verfügung.