Die Corona-Krise

Wie geht es nach der akuten Corona-Pandemie weiter?

Als Ende Dezember 2019 in der chinesischen Provinz Hubei erste Erkrankungsfälle mit der neuartigen Atemwegserkrankung COVID-19 bekannt wurden, hielten die europäischen Regierungen dies größtenteils noch für ein lokales Problem. Inzwischen hat sich die Corona-Epidemie zu einer globalen Pandemie entwickelt. Die traurige Bilanz am 08. April 2020 sind inzwischen über 1,4 Millionen registrierte Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus, sowie über 85.000 gemeldeten Todesfälle.

Die Berichterstattung in den Medien zeigt uns allen sehr deutlich, dass es sich bei der Corona-Pandemie um ein Problem von weltweitem Ausmaß handelt, denn inzwischen sind Infektionen aus fast jedem Land der Erde gemeldet worden. Und obwohl die Nachrichten über fast nichts anderes mehr berichten, ist dennoch zu erleben, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass die Berichterstattung für sie persönlich sehr wenig greifbar ist. Wenn tagtäglich über Milliardensummen an Verlusten und möglichen Wirtschaftshilfen berichtet wird, so übersteigt dies schnell die menschliche Vorstellungskraft.

Um die Corona-Krise auch nur ansatzweise zu verstehen, ist es daher notwendig über den eigenen Wissenshorizont hinauszublicken, denn eine singuläre Betrachtung funktioniert hier nicht mehr. Es handelt sich bei der Corona-Krise nicht nur um eine Viruspandemie, eine Finanzkrise, eine Wirtschaftskrise oder eine Systemkrise. In dieser Krise erleben wir wie im Zeitraffer alles auf einmal.

In diesem Zuge hat die RPC Consulting GmbH eine umfassende Analyse der Corona-Krise, sowie ihrer wirtschaftlichen, gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen erstellt.

Die Analyse verfolgt einen einen interdisziplinären Ansatz, um die Corona-Krise aus verschiedenen Blickwinkel heraus zu analysieren. Hierbei wurden sowohl die wirtschaftlichen als auch die gesundheitlichen und sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie untersucht, um die langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie besser verständlich zu machen.

Insbesondere stand hierbei die Frage im Mittelpunkt, wie es nach dem Ende der akuten Corona-Pandemie weitergehen wird und auf welche zukünftige Szenarien sich Unternehmen einstellen müssen. Hierzu wurden die möglichen Auswirkungen der Corona-Krise in 14 unterschiedlichen Branchen detailliert analysiert und bewertet.

Unsere Analyse verstehen wir vor allem als Anregung, um mögliche Risiken und Chancen der Corona-Krise differenziert zu betrachten und sich frühzeitig auf eine neue und veränderte Situation einstellen zu können. Denn wie immer werden die Unternehmen aus der Corona-Krise als Gewinner hervorgehen können, denen es gelingt sich frühzeitig an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und Impulse für eine zukünftige positive Entwicklung zu setzen.


Analyse der akuten Corona-Pandemie

Weltweite Entwicklung der Corona-Pandemie

Anfang Dezember 2019 traten in der chinesischen Stadt Wuhan die ersten Fälle einer neuartigen und bisher unbekannten Lungenkrankheit auf. China meldete daraufhin diese Fälle am 31.12.2019 offiziell der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Am 09. Januar 2020 teilten die chinesischen Behörden mit, dass man bei der Untersuchung dieser Erkrankungen ein neuartiges Coronavirus identifiziert habe; ebenfalls wurde an diesem Tag der erste Todesfall in China bekanntgegeben. Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) befragte in einem Interview noch am gleichen Tag den Virologen Christian Drosten zu diesem neuartigen Virus. Interessant ist, dass dieser zu jenem Zeitpunkt hierin keine große Gefahr sah und den Ausbruch einer Pandemie, ähnlich der SARS-Pandemie, für unwahrscheinlich hielt. Bekanntermaßen war diese Einschätzung nicht richtig, obwohl Drosten zu den renommiertesten Experten auf dem Gebiet der Virologie zählt. Jedoch zeigt sich hierin wohl kaum eine eklatante Fehlbewertung durch Drosten, sondern vielmehr, dass die Corona-Pandemie in ihrem Ausmaß mit kaum anderen bekannten Ereignissen vergleichbar und in ihrer Entwicklung nur sehr schwer vorhersehbar ist.

Am 21. Januar 2020 wurde die erste Corona-Infektion aus den USA gemeldet. Am 24. Januar folgten dann die ersten Nachweise des Virus in Frankreich. Der erste offizielle Fall in Deutschland trat am 27. Januar auf: ein Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto hatte sich bei einer Kollegin aus China angesteckt.

In einer Krisensitzung der WHO am 30. Januar wird die Situation dann zur einer „gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite“ erklärt. Zu diesem Zeitpunkt ist für die meisten Menschen in Deutschland jedoch kaum etwas von dieser Notlage zu spüren, auch die Bundesregierung äußert sich hierzu nicht umfassend. Es ist davon auszugehen, dass die meisten Länder in diesem Moment immer noch von einem lokal auf China begrenzten Infektionsgeschehen ausgegangen sind.

Ab dem 15. Februar 2020 traten dann auch die ersten Todesfälle in Europa auf. Ende Februar breitete sich das Coronavirus stark in Italien aus. Am 9. März wurde dann ganz Italien zur Sperrzone erklärt. Erst zu diesem Zeitpunkt dürfte vielen Menschen in Deutschland bewusst geworden sein, dass eine ähnliche Entwicklung auch in Deutschland möglich sein könnte. Am 10. März waren dann bereits in allen Bundesländern Infektionen nachgewiesen worden.

Bestätige Infektionen mit dem Coronavirus

Quelle: WHO, 8. April 2020

Erst am 11. März 2020 wird die Verbreitung des neuartigen Coronavirus dann durch die WHO zu einer Pandemie, also einer weltweiten Epidemie, erklärt. Bundeskanzlerin Angela Merkel wendete sich in einem offiziellen größeren Rahmen erst am 18.03.2020 in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung und bezeichnete die Corona-Pandemie als eine „Aufgabe von historischem Ausmaß“, wie es sie seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland nicht mehr gegeben habe. Sie wirbt in ihrer Ansprache vor allem für Zustimmung und Akzeptanz für die kurz darauf am 22. März folgenden strengen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen.

Zum Monatsende meldete die Johns Hopkins University am 31. März dann weltweit über 800.000 Infektionen und fast 40.000 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus.

Der Verlauf des Infektionsgeschehens lässt durchaus den Schluss zu, dass die Corona-Pandemie durch die Bundesregierung lange verharmlost wurde, sicherlich auch um Panik und wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Dennoch zeugt die Kommunikationsstrategie der Bundesregierung in Form einer „Salamitaktik“ nicht unbedingt von herausragendem Krisenmanagement. So verkündete Gesundheitsminister Jens Spahn noch am 14. März 2020, dass weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens nicht geplant seien, welche dann nicht einmal eine Woche später bekanntermaßen folgten. Wir erkennen hierin vor allem, dass auch offizielle Meldungen der Bundesregierung kritisch zu hinterfragen sind und ein realistisches Bild der Corona-Pandemie sowie der weiteren Entwicklung nur durch ein „Lesen zwischen den Zeilen“ möglich ist.

Hierzu sollten Sie verschiedenste Informationsquellen nutzen. Ebenso lohnt ein Blick auf die Entwicklungen an den Finanzmärkten sowie in unseren europäischen Nachbarländern, um das Geschehen in Deutschland besser einordnen zu können.

Wo wir aktuell in der Entwicklung stehen, verrät ein Blick auf die aktuellen Fallzahlen, welche täglich durch die US-amerikanische Johns Hopkins Universität erfasst werden.

Verbreitung des Coronavirus in Ländern mit min. 20.000 Fällen

Quelle: Johns Hopkins Universität, 8. April 2020

Fragwürdig ist jedoch, ob die Infektionszahlen auch nur ansatzweise das tatsächliche Infektionsgeschehen des Coronavirus widerspiegeln. Klar ist, dass die gemeldeten Zahlen ausschließlich Infektionen darstellen, welche auch mit einem Test nachgewiesen wurden. Wie viele Menschen sich tagtäglich neu mit dem Coronavirus infizieren, ohne das diese positiv auf das Coronavirus getestet werden, ist derzeitig völlig unklar. Ebenso ist die tatsächliche Durchsetzung und auch hieraus mögliche Immunität gegen das Virus in der Bevölkerung unklar. Bis ca. Mitte März wurden in Deutschland kaum Tests auf das Coronavirus durchgeführt. Nur wer sich in seitens des Robert-Koch-Instituts (RKI) definierten „Risikogebieten“ aufgehalten hat oder nachweislich Kontakt mit einer infizierten Person hatte, wurde auch auf das Coronavirus getestet. Es ist also gut möglich, dass sich in vielen Ländern durch den regulären internationalen Reiseverkehr das Coronavirus bereits stark ausgebreitet hat, dies jedoch aufgrund mangelnder Tests nicht in den Zahlen ersichtlich ist. Vielmehr spiegeln die bestätigten Infektionszahlen auch den individuellen landesspezifischen und politischen Umgang mit dem Coronavirus dar. Es ist die logische Folge, dass die bestätigten Infektionszahlen in die Höhe schnellen, wenn durch die jeweiligen Regierungen massenhafte Tests angeordnet werden.

Ebenso sind die jeweils gemeldeten Todesfälle kritisch zu hinterfragen, denn eine einheitliche „Zählweise“ besteht hier weder in Deutschland noch in anderen Ländern. Ungewiss ist daher immer, ob ein Mensch aufgrund des Coronavirus verstorben ist oder das Virus nur zum Todeszeitpunkt nachgewiesen werden konnte und der Tod aufgrund anderer Vor- oder Begleiterkrankungen aufgetreten ist.

Die gemeldeten Infektionszahlen und Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus können daher nur als Anhaltspunkt dienen und sind in allen Fällen kritisch zu hinterfragen.

Anfang April 2020 wird in Deutschland bereits intensiv über Exit-Strategien aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lockdown gesprochen, dabei ist die Corona-Epidemie noch nicht einmal in allen Ländern wirklich angekommen. Aktuell ist zu beobachten, dass sich das Epizentrum der Pandemie mehrfach verschoben hat. War zunächst China das Epizentrum der Pandemie, so verschob sich dieses Mitte März 2020 nach Europa. Erst Anfang April brach die Pandemie in großen Ausmaß auch in den USA aus. In fast allen Ländern der Erde konnte das Coronavirus bereits bei Menschen nachgewiesen werden, dennoch stehen viele Länder Anfang April noch ganz am Anfang der Pandemie. Als Beispiel seien hierfür vor allem die Staaten des afrikanischen Kontinents genannt. Das Gesundheitssystem kann hier dem hohen Patientenaufkommen einer stark ausbrechenden Pandemie nicht standhalten. Entsprechend reagierten diese Staaten bereits früh mit Grenzschließungen, um sich gegen eine Einschleppung des Coronavirus zu schützen. So haben zum Beispiel Ghana, Kenia, Südafrika und Uganda Ende März 2020 ein Einreiseverbot für US-Amerikaner und Europäer verhängt. In vielen afrikanischen Staaten droht gar eine massive humanitäre Krise.

Problematisch für die weltweite wirtschaftliche Entwicklung ist, dass die Corona-Pandemie in vielen Ländern zeitversetzt abläuft. Hierdurch könnte es immer wieder zu Rückkopplungen und neuen Pandemiewellen kommen, welche insbesondere Auswirkungen auf die Finanzmärkte und das Wirtschaftsgeschehen haben.

Vergleich mit bestehenden Pandemie-Szenarien

Besonders häufig werden momentan Vergleiche zu Pandemie-Szenarien aus der Vergangenheit herangezogen, immer natürlich im Versuch hieraus eine Prognose für die Zukunft abzuleiten. In diesem Zusammenhang beleuchten wir daher näher die Spanische Grippe, die SARS-Epidemie, sowie die jährlich auftretende Grippewelle.

Vergleich der Corona-Pandemie und der Spanischen Grippe von 1918

In der aktuellen Berichterstattung rund um die weltweite Corona-Pandemie wird vor allem die sogenannte Spanische Grippe und ihre Auswirkungen als Vergleich herangezogen. Bei der Spanischen Grippe handelte es sich um eine Influenza-Pandemie, welche sich in der Zeit von 1918 und 1920 weltweit ausbreitete. Auslöser der Spanischen Grippe war ein virulenter Abkömmling des Influenzavirus (Subtyp A/H1N1), welcher sich in mindestens zwei Wellen über den gesamten Globus ausbreitete und in dieser Folge schätzungsweise zwischen 25 und 50 Millionen Todesopfer forderte.

Durch die Truppenbewegungen des Ersten Weltkrieges konnte sich das Virus weltweit sehr schnell ausbreiten. Aber auch ohne Kriegssituation hätte sich die Spanische Grippe mit aller Wahrscheinlichkeit sehr schnell ausgebreitet, denn auch im Jahre 1914 war die Welt in gewisser Weise bereits „globalisiert“ und durch einen weltweiten Handel miteinander verbunden. Hier zeigen sich aber auch Parallelen zur heutigen Corona-Pandemie, denn durch unsere globalisierte sowie vernetze Wirtschaft konnte sich das Coronavirus ungehindert in fast jedes Land der Erde ausbreiten und machte hierbei auch an Landesgrenzen nicht halt.

Gänzlich anders sahen damals jedoch die gesundheitlichen Auswirkungen aus. Die Spanische Grippe traf vor allem Menschen zwischen 15 und 40 Jahren mit einem gesunden Immunsystem. Im Falle einer Infektion lieferte das Immunsystem eine extrem starke Immunantwort, welche letztendlich in einer Autoimmunreaktion mündete und hierdurch einen Erstickungstod hervorrufen konnte. Das aktuelle Coronavirus scheint hingegen vor allem für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem eine besondere Gefahr darzustellen.

Ebenfalls stellte sich das medizinische Wissen damals anders dar. So wurde das Influenzavirus zum Beispiel überhaupt erst 1933 entdeckt. Auch die medizinische Versorgung war natürlich damals eine andere. Heute weisen eine Vielzahl von Ländern ein hochentwickeltes Gesundheitssystem auf. Auch die Kommunikations- und Informationswege waren damals andere. Die heutige Berichterstattung, sowie auch hiermit verbundene Warnungen und Aufklärungsmaßnahmen, verbreiten sich weltweit innerhalb weniger Minuten und sorgen so dafür, dass die Bevölkerung besser auf das Coronavirus vorbereitet ist. Die Spanische Grippe war für die damalige deutsche Gesellschaft hingegen nur ein untergeordnetes Thema. Ähnlich dramatische Folgen der Corona-Pandemie sind entsprechend sehr unwahrscheinlich.

Gleichzeitig können jedoch auch Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden. So wurden Gegenmaßnahmen zu Zeiten der Spanischen Grippe sehr unterschiedlich gehandhabt. Im damaligen Deutschen Kaiserreich war der Föderalismus noch deutlich ausgeprägter als heute. Die einzelnen lokalen Verwaltungen reagierten sehr unterschiedlich. Während zum Beispiel Dresden die Schließung von Schulen, Theatern, Kinos und das Aussetzen von Gerichtsverhandlungen anordnete, fand die Leipziger Messe gleichzeitig statt. So weitreichend wie heute konnten die Beschränkungen jedoch nicht sein, denn Möglichkeiten des Home Office und Mobilen Arbeitens gab es noch nicht. Dennoch zeigten derartige Einschränkungen des öffentlichen Lebens auch damals schnell ihre positive Wirkung und konnten die Ausbreitung des Virus eindämmen.

Hieraus lässt sich ableiten, welchen enormen Stellenwert ein kollektives Handeln in der Zeit der Corona-Pandemie hat, sodass hier auch eine Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinaus notwendig ist.

Für Betriebe zeigt sich hierin die Notwendigkeit, selbst umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um eine innerbetriebliche Verbreitung des Coronavirus zu unterbinden und so die Aufrechterhaltung der Betriebsabläufe sicherzustellen.

Vergleich der Corona-Pandemie und der SARS-Pandemie von 2002

Ebenfalls wird seit Beginn der aktuellen Corona-Pandemie als Vergleich die SARS-Pandemie aus dem Jahr 2002 herangezogen. Die WHO vermutet, dass die SARS-Pandemie am 16. November 2002 ausgebrochen ist. Ein Koch aus der chinesischen Stadt Heyuan ließ sich aufgrund von Krankheitssymptomen im städtischen Krankenhaus behandeln. Als sein Gesundheitszustand sich verschlechterte, wurde der Patient in ein Krankenhaus in Guangzhou verlegt. Der behandelnde Oberarzt infizierte sich ebenfalls mit dem SARS-assoziierten Coronavirus und wurde durch seine anschließenden Reiseaktivitäten nach Hongkong zum sogenannten „Superspreader“. Über seinen Hotelaufenthalt infizierten sich weitere Gästen und trugen das Virus als Wirte in ihre jeweiligen Heimatländer. Innerhalb weniger Tage verbreitet sich das Virus so nach Singapur, Vietnam, Irland, Kanada und in die USA.

Insgesamt konnten 8096 Infektionen nachgewiesen werden, 774 hiervon verliefen tödlich. Besonders relevant ist der Vergleich zur SARS-Epidemie, da diese erste Epidemie des 21. Jahrhunderts eine Vielzahl von Maßnahmen und Plänen zur Eindämmung von Pandemien hervorgerufen hat. Dennoch ist bereits jetzt klar, dass die jetzige Corona-Pandemie alles bisherige in den Schatten stellt, denn am 08.04.2020 meldete die US-amerikanische Johns Hopkins Universität bereits weltweit 1.464.852 nachgewiesene Infektionen mit dem Corona-Virus; hiervon verliefen 85.397 Fälle tödlich. Das dramatische Ausmaß der Corona-Epidemie wird deutlich, wenn die Zahl der betroffenen Länder miteinbezogen wird. Die SARS-Epidemie betraf damals nur 25 Länder, wohingegen die Corona-Epidemie sich zum aktuellen Zeitpunkt bereits in 177 Länder ausgebreitet hat. Lehren können daher für die aktuelle Epidemie nur bedingt aus der SARS-Epidemie gezogen werden, da die Welt noch nie zuvor mit einer solch breiten und rasanten Ausbreitung eines Erregers konfrontiert gewesen ist.

Es lassen sich aber Schlussfolgerungen ziehen, wie lange unsere Gesellschaft die Corona-Epidemie beschäftigen wird. Mit dem Ausbruch der SARS-Pandemie am 16. November 2002 dauerte es bis zum 23. Juni 2003 bis Hongkong von der WHO von der Liste der infizierten Gebiete gestrichen wurde. Weiterhin gelistet blieben Toronto, Taiwan und Peking. Erst am 19. Mai 2004 erklärte die WHO die SARS-Pandemie für beendet, also nach insgesamt 18 Monaten. Da nun viele Länder, besonders die USA und die afrikanischen Staaten, gerade erst am Anfang der Corona-Epidemie stehen, muss klar sein, dass es nun deutlich länger dauern wird, um die Corona-Pandemie zu beenden.

Vergleich der Corona-Pandemie und der saisonalen Grippewelle

Seitdem sich das neuartige Coronavirus weltweit und in Deutschland ausgebreitet hat, wurde sehr häufig in der Berichterstattung der Vergleich zur saisonalen Grippewelle herangezogen. Jedes Jahr sterben viele Menschen auch an der saisonalen Grippe. Jedoch ist einer der wesentlichsten Unterschiede der saisonalen Grippewelle im Vergleich mit dem Coronavirus, dass hierbei nicht alle Fälle in einem kurzen Zeitraum gleichzeitig auftreten, sondern das Infektionsgeschehen meist in mehreren Wellen über das gesamte Jahr hinweg abläuft.

Im Gegensatz hierzu besteht im Rahmen der Corona-Pandemie die Gefahr einer rasanten Ausbreitung der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus, welche dazu führen würde, dass eine Vielzahl an Fällen in einem sehr kurzen Zeitraum auftreten und infolgedessen die Kapazitäten des Gesundheitssystems überlastet werden könnten. Hieraus kann sich vor allem die Problematik ergeben, dass nicht alle betroffenen Patienten ausreichend versorgt werden können.

Es muss allerdings auch die Frage gestellt werden, welche Relevanz die Frage überhaupt noch hat, ob die Grippe gefährlicher ist als das Coronavirus. Da die WHO, und fast ausnahmslos alle Regierungen der Welt, inzwischen das Gesundheitsrisiko durch das Coronavirus als hoch einstufen, wurden entsprechende Maßnahmen des Katastrophenschutzes erlassen. Auf keine saisonalen Grippewelle wurde jemals mit auch nur ansatzweise vergleichbaren Maßnahmen reagiert. Der größte Unterschied besteht daher vor allem in der Bewertung und Reaktion im Hinblick auf die Gefahrenlage.

Entwicklung der Corona-Pandemie zur Krise

Um die Entwicklungen und Auswirkungen der Corona-Krise besser zu verstehen, ist es nützlich und sinnvoll die Krise in vier verschiedene Phasen zu unterteilen.

Zu Beginn des Jahres 2020 sah es so aus, als ob das Coronavirus ein lokales Thema in China wäre. Durch die rasante weltweite Ausbreitung des Coronavirus entstand hieraus jedoch eine „gesundheitliche Notlage mit weltweitem Ausmaß“. Erst durch die weltweite Ausbreitung des Coronavirus war überhaupt die „Grundlage" für eine hieraus resultierende „Corona-Krise“ gelegt. Eine lokal auf einige wenige Länder begrenzte Epidemie wäre immer noch beherrschbar gewesen.

Spätestens jedoch als erste Produktionsausfälle in China sich im weltweiten Handel und in den Lieferketten bemerkbar machten, reagierten auch die Finanzmärkte auf die Entwicklungen, sodass aus der anfänglichen gesundheitlichen Notlage in einer zweiten Phase auch eine Finanzkrise erwuchs.

Auf die sich weltweit ausbreitende Corona-Pandemie reagierten die Finanzmärkte zunächst erst sehr gelassen, später dann jedoch panisch. Spätestens mit den massiven weltweiten Einschränkungen in Folge der Corona-Pandemie fielen die Kurse dann enorm. So fiel der Deutsche Aktienindex (DAX) von seinem bisherigen Jahreshoch am 19.02.2020 mit 13.789 Punkten auf einen Tiefstwert von 8.349,63 Punkten am 19.03.2020. Das Coronavirus war hierbei vor allem ein auslösendes und verstärkendes Element, welches nun auf ein bereits durch die letzte Finanzkrise geschwächtes Finanzsystem traf.

Während an den Börsen weiterhin enorme Kursverluste zu beobachten waren, entwickelte sich gleichzeitig in einer dritten Phase auch eine Krise in der Realwirtschaft, zunächst vor allem bedingt durch umfangreiche behördlich auferlegte Beschränkungen. Die Finanzkrise und die gleichzeitige Krise in der Realwirtschaft verstärken sich gegenseitig. „Wie in der Finanzkrise haben wir es mit einem deflationären Schock zu tun. Verfallende Vermögenspreise führen bedingt durch die hohe Verschuldung bei immer mehr Wirtschaftsteilnehmern zum Zustand der Überschuldung. Eine Welle von Konkursen mit verheerenden Auswirkungen müsste zwangsläufig die Folge sein.“, beschreibt Unternehmensberater Dr. Daniel Stelter die aktuelle Entwicklung.

Spätestens wenn die Krise in der Realwirtschaft um sich greift und auch bei vielen Bürgern spürbar ankommt, zum Beispiel in Form von Einkommenseinbußen oder Jobverlust, wird hiermit in einer vierten Phase auch die Systemfrage gestellt werden, welche zu einer weiteren politischen Polarisierung und Radikalisierung führen kann.


Auswirkungen der Corona-Krise

Wirtschaftliche Folgen der Corona-Krise

Grundsätzlich sind drei verschiedene Szenarien als wirtschaftliche Folgen der Corona-Pandemie denkbar. Es ist möglich, dass die deutsche Wirtschaft in Kürze mit einem starken Nachholeffekt reagiert und wir also nach einem kurzen heftigen Einbruch auch wieder eine schnelle Erholung sehen werden. In diesem Fall spricht man von einem V-Szenario. 

Ebenso ist denkbar, dass wir in Deutschland ein sogenanntes U-Szenario erleben und die Wirtschaft nach dem Einbruch ein längeres Tal erlebt und sich nur sehr schleppend von der Krise erholt.

Auch in Betracht muss die Möglichkeit gezogen werden, dass Deutschland ein L-Szenario erlebt und die Wirtschaft eine starke sowie lange Rezession erlebt und sich auch langfristig nicht von den Folgen der Corona-Krise erholen kann.

Um die volkswirtschaftlichen Kosten des Corona-Shutdowns näher zu analysieren, ist es sinnvoll eine Szenarienrechnung heranzuziehen. Grundsätzlich gilt, dass die wirtschaftlichen Folgen stark mit der entfallenden Wertschöpfung während der Zeit der Produktionsunterbrechungen einhergehen. Zudem kommen potenzielle Folgekosten in Form von verzögerten Rückkehrzeiten in die wirtschaftliche Aktivität hinzu.

Bei der Berechnung der Kosten des Shutdowns wird in erster Linie die verlorene Bruttowertschöpfung betrachtet. Die seitens des ifo Instituts aufgestellten Szenarien gehen davon aus, dass es zu erheblichen Produktionsausfällen und damit einhergehend zu einem erheblichen Rückgang des BIP kommen wird. Die Dauer des Shutdowns ist hierbei der entscheidende Faktor für die Dimension der negativen wirtschaftlichen Folgen.

Kosten des Shutdowns in Deutschland

Quelle: ifo Institut, April 2020

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, welche teilweise sogar eine deutlich höhere Anzahl an bestätigten Corona-Fällen aufweisen, zeigt sich, dass Deutschland stärker betroffen sein wird von den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dies liegt vor allem an der Bedeutung des verarbeitenden Gewerbes, dessen Produktion in den letzten Wochen deutlich zurückgefahren wurde.

Auch Angel Gurría, Chef der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), sieht eine weltweite Rezession kommen. Eine Depression, wie im Jahr 1929, sei zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nicht zu erwarten. Vielmehr sei der Grund für die Rezession unter anderem, dass durch die Corona-Krise in vielen Ländern bis zu 40 % der Wirtschaftsleistung wegbräche und die wirtschaftlichen sowie sozialen Folgen die Bevölkerungen noch die nächsten Jahre beschäftigen würden. Er gehe davon aus, dass die wirtschaftlichen Folgen härter und zerstörerischer verlaufen werden als während der Finanzkrise im Jahr 2008. Grundsätzlich sei von einem U-förmigen Konjunkturverlauf auszugehen. Ob die Finanzen der Staaten zur Krisenbekämpfung ausreichen, das werde sich in der Zukunft zeigen. Fakt ist, dass sich die Finanzmärkte noch nicht wieder beruhigt haben, da hier das Vertrauen in die Märkte im Moment noch fehlt.

Entwicklungen am Arbeitsmarkt

Wer nicht gebraucht wird, der fliegt. Nach diesem simplen Prinzip ist der US-Arbeitsmarkt aufgebaut. Auch die USA haben, nach einer Phase der Leugnung des Coronavirus, mit gezielten Maßnahmen begonnen das öffentliche Leben herunterzufahren und die Bevölkerung auf die Pandemie vorzubereiten. Orientiert wurde sich hierbei unter anderem an den bereits bestehenden und erprobten Lockdown-Strategien aus China und Europa.

Doch aufgrund der simplen Arbeitsmarkt-Logik der Amerikaner hat dies bereits zu Beginn der Pandemie zu drastischen Folgen geführt. Mehr als 6,6 Millionen Menschen haben sich innerhalb der 13 Kalenderwoche als arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote stieg damit im März 2020 von 3,5 % auf 4,4 %. Des Weiteren meldete der US-Einzelhandel, dass innerhalb derselben Woche zusätzlich eine Million Menschen in einen unbezahlten Zwangsurlaub geschickt wurden. Da sich die Daten auf die Erhebungen aus dem März 2020 beziehen und es sich um eine verzögerte Datenerhebung handelt, bilden diese noch nicht den aktuellen jüngsten Anstieg aus dem April ab.

Im Gegensatz zu den USA spiegeln sich die Auswirkungen der Corona-Krise in Deutschland bisher weniger in steigenden Arbeitslosenzahlen wider. Hier wurde zunächst einmal das Instrument Kurzarbeit seitens der Unternehmen eingesetzt, um Entlassungen zu vermeiden. Ende März 2020 beliefen sich die Anzeigen für Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit auf 470.000 Unternehmen. Dies entspricht 20-mal mehr Anträgen für Kurzarbeit als während der Finanzkrise im Jahr 2008.

Daher lässt sich bereits jetzt ein Best-Case-Szenario und ein Worst-Case-Szenario für die Entwicklung am Arbeitsmarkt in Deutschland ableiten. Angenommen der Lockdown hält für insgesamt 6 Wochen an und die Durchführung der Exit-Maßnahmen belaufen sich auf weitere sechs Wochen, bis sich das Leben der Bevölkerung wieder normalisiert hat. Dies würde bedeuten, dass die Wirtschaftsleistung für das 2. Quartal 2020 zum einen um bis zu 6 % schrumpfen kann, ab der zweiten Jahreshälfte dann jedoch wieder deutlich wachsen würde. Die Maßnahme der Kurzarbeit würde in diesem Fall helfen, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland nur bis zur Jahresmitte ansteigt und dann wieder stetig sinkt.

Im Worst-Case-Szenario kann von einem 10-wöchigen Lockdown mit entsprechend gleich langer Regenerationsphase ausgegangen werden. Laut des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung würde sich in diesem Fall die Wirtschaftstätigkeit erst zum Jahresende normalisieren und die Arbeitslosenzahl könnte zeitweise die Marke von drei Millionen überschreiten.

Auswirkungen der Corona-Krise nach Branchen

Von den Auswirkungen der Corona-Pandemie sind bereits jetzt eine Vielzahl von Branchen betroffen. Wir betrachten daher im Folgenden die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ausgewählte Branchen.

Negative Auswirkungen durch die Corona-Krise

Quelle: ifo Institut, März 2020

Eine Umfrage des ifo Instituts im März 2020 ergab, dass bislang besonders stark die Tourismusbranche, das Gastgewerbe, sowie der Maschinenbau von den aktuellen Auswirkungen der Corona-Krise betroffen sind.

Auswirkungen der Corona-Krise auf das Gastgewerbe

Das Gastgewerbe zählte zu den ersten Branchen, welche Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie verzeichneten. Durch die umfassenden Einschränkungen blieben die Gäste den Gastronomiebetrieben zunächst aus Angst vor einer möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus fern; später folgte die behördlich angeordnete Schließung aller Gastronomiebetriebe. Die Vapiano SE war das erste Unternehmen, welches mit Beginn der 12 KW 2020 akuten Finanzbedarf in Höhe von 13,6 Millionen meldete und ankündigte staatliche Hilfen beantragen zu wollen. Gerade einmal eine Woche später war Vapiano bereits zahlungsunfähig. Kurz darauf folgte die Steakhaus-Kette Maredo, welche am 20.03.2020 ebenfalls Insolvenz anmeldete. Beide Unternehmen waren bereits vor Beginn der Corona-Pandemie angeschlagen und spürten die Auswirkungen daher unmittelbar.

Es zeigt sich, dass gerade die Unternehmen, welche über wenig Eigenkapital verfügen und gleichzeitig eine hohe Schuldenlast zu bewältigen haben, in der Krise als Erste ausfallen. Grundsätzlich muss man hierin jedoch sicherlich auch eine positive Marktbereinigung erkennen, welche durch die Corona-Krise schlichtweg beschleunigt wird.

Die Zwangsschließung der Gastronomiebetriebe aber ist natürlich auch für die breite Masse der Gastronomiebetriebe existenzgefährdend, da die wenigsten Betriebe über ausreichende finanzielle Mittel zur Bewältigung der Krise verfügen. Von der Zwangsschließung sind insgesamt „in Deutschland rund 71.800 Restaurants (mit Systemgastronomie), rund 35.500 Imbissstuben, über 4.300 Bars, Diskotheken, Tanz- und Vergnügungslokale und etwa 11.600 Cafés betroffen.“

Laut dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e. V. (DEHOGA) gibt es insgesamt sogar 223.000 Unternehmen im gesamten Gastgewerbe mit über 2,4 Millionen Beschäftigten. Viele dieser Beschäftigten dürften in Kürze in echte Existenznöte geraten, insbesondere da auf längere Zeit das gesamte Gastgewerbe betroffen ist und ein Wechsel zu einem anderen Betrieb innerhalb der Branche unwahrscheinlich ist.

Einige der Gastronomiebetriebe reagieren auf die Krise mit einer vollständigen Schließung, andere haben kurzfristig Lieferdienste aufgebaut oder sich Branchengrößen wie Lieferando angeschlossen, um den Betrieb wenigstens teilweise aufrechterhalten zu können.

In Niedersachsen zum Beispiel wurde am 20.03.2020 behördlich die vollständige Schließung aller Gastronomiebetriebe bis zum 18.04.2020 angeordnet. Bund und Länder einigten sich bereits am 01.04.2020 darauf, die deutschlandweit bestehenden scharfen Kontaktbeschränkungen mindestens jedoch bis zum 19.04.2020 zu verlängern. Es ist daher absehbar, dass die Gastronomiebetriebe auch in der 17 KW 2020 ihren Betrieb noch nicht wieder aufnehmen dürfen. Andrea Nadles, Präsidentin des Verbands der Servicekräfte, Restaurant- und Hotelmeister (VSR), schätzt, dass die meisten kleineren Gastronomiebetriebe, wie zum Beispiel „das kleine Restaurant an der Ecke“, diese schwierige Situation nicht länger als sechs Wochen durchhalten können. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird also in Kürze eine große Anzahl von Pleiten in der Gastronomiebranche zu beobachten sein.

Auswirkungen der Corona-Krise auf den Einzelhandel

Die Bundesregierung und die einzelnen Landesverwaltungen haben drastische Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Durch die in der KW 12 2020 verordneten Zwangsschließungen von Geschäften, welcher nicht der Grundversorgung dienen, ist der Einzelhandel besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden diese Maßnahmen noch mindestens bis Mitte April 2020 anhalten. Betroffen von den Zwangsschließungen sind aktuell ca. 300.000 Standorte in Deutschland. „Diese Zwangsschließungen könnten deutschlandweit zu einem Umsatzausfall von rund 1,15 Milliarden Euro pro Tag oder etwa sieben Milliarden Euro pro Woche führen, schätzt der Handelsverband Deutschland (HDE).“

Besonders viele kleine Einzelhändler werden durch ihre laufenden Kosten, bei gleichzeitigem vollständigem Umsatzausfall, überrollt werden. Bei realistischer Betrachtung wird klar, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie, trotz staatlicher Hilfszahlungen, sowie die durch den Bundesrat am 27.03.2020 beschlossene Möglichkeit zur zeitweisen Aussetzung von Mietzahlungen, wahrscheinlich nur bedingt kompensiert werden  können. Schon jetzt wird sehr deutlich, dass Deutschland in den nächsten Monaten eine Rezession bevorsteht und sich entsprechend auch das Konsumklima verschlechtern wird. Für viele Einzelhändler wird es daher kaum die Möglichkeit geben, die Verluste dieser akuten Krisenphase in der kommenden Zeit zu kompensieren, sodass in den nächsten Monaten im Einzelhandel eine Vielzahl an Insolvenzen drohen.

Ohnehin besagten reguläre Prognosen, entsprechend ohne Berücksichtigung der Corona-Krise, für die kommenden 10 Jahre ein regelrechtes Ladensterben voraus. "Die Zahl der Unternehmen im stationären Einzelhandel werde sich durch geänderte Kaufgewohnheiten und den Siegeszug des Online-Handels bis zum Jahr 2030 noch einmal um bis zu 64.000 verringern.“

Einige Einzelhändler versuchen mit entsprechend veränderten Angeboten auf die Krise zu reagieren. „Rund zwei Drittel der Unternehmen bauen nach eigenen Angaben nun Angebot und Services aus, so den Onlinevertrieb über Marktplätze oder den eigenen Webshop. Viele Unternehmen bieten Lieferservices an oder nutzen Social-Media-Kanäle, wie Instagram oder Facebook, um ihre Kunden zu erreichen.“ Sicherlich ist dies eine gute Möglichkeit, nicht völlig den Kontakt zu den bisherigen Kunden zu verlieren, aber den wenigsten stationären Händlern wird es in der Kürze der Zeit gelingen einen profitablen E-Commerce aufzubauen. Hier zeigen sich besonders deutlich die Schwächen und Versäumnisse des stationären Handels, welcher es bislang in aller Regel versäumt hat, die Möglichkeiten des stationären Handels mit einem attraktiven Online-Angebot zu verknüpfen. Die Corona-Krise ist hier nicht der alleinige Auslöser, sondern offenbart diese Problematik nur in aller Deutlichkeit. Die Corona-Krise wird damit vor allem zu einem Katalysator für den bereits stattfindenden Wandel des Einzelhandels im Kampf gegen den Online-Handel. Viele Einzelhändler werden diesen Kampf nicht gewinnen können.

Auch wenn in der aktuellen Berichterstattung der Branchenprimus Amazon mit teilweise unglaublichen Zahlen im Hinblick auf Umsatz und Neueinstellungen beeindruckt, so verzeichnet jedoch insgesamt auch der Online-Handel aktuell Umsatzrückgänge. Eine Befragung durch den Bundesverband E-Commerce und Versandhandel ergab, „dass 77 Prozent der teilnehmenden Onlinehändler mit sinkenden Erträgen rechnen.“ Bedingt sei dies vor allem durch sinkende Bestellzahlen und Problemen im Bereich der Produktion und Logistik. Nur 14 % der Online-Händler rechnen mit einem Umsatzzuwachs, bedingt durch die Corona-Krise.

Auswirkungen der Corona-Krise auf den Lebensmittelhandel

Kaum eine andere Branche profitiert aktuell so stark von den Auswirkungen der Corona-Pandemie wie der Lebensmittelhandel. Direkt mit beginnender Ausbreitung der Corona-Pandemie wurde ein verändertes Einkaufsverhalten bei den Verbrauchern beobachtet. Deutschlandweit berichteten die Medien über massive „Hamsterkäufe“. Insbesondere Hygiene- und Gesundheitsprodukte, sowie lang haltbare Lebensmittel, waren bei den Verbrauchern gefragt. Das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG) analysierte, dass die Lebensmittelhändler über mehrere Wochen mit einem Umsatzplus von 10 bis 15 % rechnen können.

Jedoch wurde bereits mit Beginn des April 2020 durch Christian Böttcher, Sprecher des Handelsverbandes Lebensmittel, berichtet, dass die zu Beginn der Corona-Pandemie extrem gestiegene Nachfrage sich langsam wieder normalisiere. Es ist also davon auszugehen, dass die Corona-Krise dem Lebensmittelhandel zwar kurzfristig einen Aufwind verleiht, dieser jedoch nicht von Dauer sein wird.

Der Einkauf von Lebensmitteln über das Internet konnte sich bis zuletzt in Deutschland bei den Verbrauchern nicht wirklich durchsetzen. So betrug 2017 der Jahresumsatz des Lebensmitteleinzelhandels insgesamt 179 Milliarden Euro, jedoch entfielen nur 1,1 Prozent hiervon auf Online-Umsätze.

Für den Online-Handel mit Lebensmitteln dürfte die Corona-Krise jedoch ein Katalysator sein. Betroffen durch Isolation, behördlich angeordnete Quarantänemaßnahmen, sowie verordnete Ausgangsbeschränkungen, dürften viele Verbraucher erstmalig die Bestellung von Lebensmitteln über das Internet ausprobieren und vermutlich auch zu den zukünftigen Kunden zählen.

Eine Studie des IFH Köln aus dem Januar 2020 zeigte, dass der Einkauf von Lebensmitteln über das Internet deutlich zunehmen wird. „Der Anteil des Lebensmittel-Online-Handels am Gesamtmarkt wird bis zum Jahr 2030 bei 5,2 bis maximal 9,1 Prozent liegen.“ Der „Corona-Effekt“ hatte in dieser Studie noch gar keine Berücksichtigung gefunden, sodass diese Entwicklung möglicherweise im Zeitraffer erfolgen dürfte.

Auswirkungen der Corona-Krise auf den Elektronikhandel

Auch der Elektronikhandel ist, so wie der gesamte Einzelhandel, von den Geschäftsschließungen in Folge des Coronavirus betroffen. Gleichzeitig stieg jedoch kurzfristig die Nachfrage nach Elektronik-Equipment, insbesondere für das Home Office, sprunghaft an. Dies kann jedoch die sinkende Nachfrage bei anderen Consumer Electronic Produkten nicht ausgleichen.

Die stationären Online-Händler versuchen, genau wie der gesamte Einzelhandel, kurzfristig den eigenen Onlineauftritt zu stärken, um den Kontakt zu den Kunden zu halten.

Jedoch wird sich auch hier zeigen, dass der stationäre Handel Schwierigkeiten haben wird, sich gegen die Erfahrung von großen und etablierten Online-Händlern langfristig durchzusetzen.

Auswirkungen der Corona-Krise auf die Ernährungs- und Getränkeindustrie

Die Ernährungsindustrie zählt teilweise zu den Gewinner der Corona-Krise. Die Gewinner und Verlierer verteilen sich auf die einzelnen Marktsegmente. Besonders gestiegen ist der Absatz von haltbaren Lebensmitteln und Konserven, mit denen sich viele Verbraucher zu Beginn der Corona-Krise im Rahmen von „Hamsterkäufen“ bevorratet hatten.

Besonders profitieren aktuell Hersteller von Convenience-Produkten, wie zum Beispiel Pizza und Fischstäbchen, welche aktuell Sonderschichten fahren; ebenfalls wird darüber nachgedacht, wie die Arbeitszeit flexibel aufgestockt werden kann, um die Produktion zu bewältigen.

Entwicklung der Nachfrage in KW 12 2020 in einzelnen Warengruppen

Quelle: Lebensmittelzeitung, März 2020

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingegen fürchtet in der Corona-Krise gar die Basis für eine dauerhafte Aushebelung der geltenden Gesetze und warnt vor einschneidenden Eingriffen in das Arbeitszeitgesetz.

Jedoch ist es in der derzeitigen Lage der Corona-Pandemie gerade das Personal, welches für die Ernährungsindustrie zur knappen Ressource wird. So fehlten dem Obst, Gemüse- und Weinbau zu Beginn der Corona-Pandemie aufgrund der Grenzschließungen in Deutschland fast 300.000 Saisonarbeitskräfte aus den osteuropäischen Ländern. Diese zugespitzte Situation konnte zwischenzeitlich zumindest teilweise wieder entspannt werden. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner kündigte am 02.04.2020 an, dass unter strengen Gesundheitsauflagen die Einreise von jeweils 40.000 Saisonarbeitskräften aus Osteuropa in den Monaten April und Mai ermöglicht werden soll. Trotzdem wird die Ernährungsindustrie in diesem Jahr mit einem erheblichen Mangel an Arbeitskräften konfrontiert sein, welcher die diesjährige Ernte gefährden kann.

Jedoch gibt es auch Verlierer in der Ernährungs- und Getränkeindustrie. Gerade die Unternehmen, welche schwerpunktmäßig die Gastronomie beliefern, sind durch die Corona-Krise extrem stark betroffen. Hierzu  zählen vor allem die Brauereien, welche auf die Gastronomie als Absatzkanal angewiesen sind.

Eine Mitgliederbefragung des Deutschen Brauer-Bundes ergab, dass die Betriebe daher mit massiven Auswirkungen auf die Beschäftigungslage rechnen: 87 % der Betriebe rechnen mit der Anmeldung von Kurzarbeit, 18 % rechnen mit Entlassungen.

Sowohl in der Ernährungs- als auch in der Getränkeindustrie kann damit die Corona-Krise gerade für die kleineren Betriebe zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen.

Auswirkungen der Corona-Krise auf den Maschinenbau

Die Corona-Krise setzt auch dem deutschen Maschinenbau besonders stark zu. Durch die weltweit eingeleiteten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sind auch die Lieferketten des  Maschinenbaus extrem stark beeinträchtigt und teilweise stillgelegt.

In einer Blitzumfrage des Branchenverbandes VDMA, durchgeführt am 28.03.2020 unter 965 Unternehmen, gaben bereits 84 % der befragten Unternehmen an, dass sie nennenswerte Beeinträchtigungen im Betriebsablauf in Folge des Coronavirus spüren. Laut der Befragung würden 45 % der Unternehmen merkliche oder gravierende Störungen entlang der Lieferkette spüren, 57 % merkliche oder gravierende Auftragseinbußen bzw. Stornierungen, jedoch bislang nur 24 % merkliche oder gravierende Engpässe im Bereich der Liquidität.

Spüren Sie bereits nennenswerte Beeinträchtigungen im Betriebsablauf in Folge der Ausbreitung des Coronavirus?

Quelle: Blitzumfrage des VDMA zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie, März 2020

Jedoch ist zu erwarten, dass die durch das Coronavirus ausgelöste Wirtschaftskrise den Maschinenbau erst mit Verzögerung erreicht. Viele Unternehmen profitieren aktuell noch von vollen Auftragsbüchern aus den letzten Monaten, jedoch wird aller Voraussicht nach in den kommenden Monaten kaum weiteres Neugeschäft hinzukommen.

Zum aktuellen Stand im April 2020 befinden wir uns in Deutschland immer noch am Anfang der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Hierdurch wird der Maschinenbau die Krise erst deutlich zeitverzögert im zweiten Halbjahr 2020 zu spüren bekommen. Besonders problematisch für den Maschinenbau ist, dass der Umsatz der deutschen Hersteller bereits im Jahr 2019 mit 296 Milliarden im Vorjahresvergleich rückläufig war und entsprechend die Verluste der Corona-Krise kaum kompensiert werden können.

Auswirkungen der Corona-Krise auf die Automobilindustrie

Weltweit herrscht aufgrund der Corona-Krise eine starke Verunsicherung, sodass verständlich ist, dass die Frage nach einem neuen Fahrzeug von den meisten Menschen aktuell nicht priorisiert wird und Investitionen verschoben werden. Die Ausbreitung des Coronavirus hat zu einem massiven Einbruch der Nachfrage bei Automobilen gesorgt. Die Ratingagentur Standard & Poor´s prognostizierte bereits Ende März 2020, dass die weltweiten Verkäufe der Automobilhersteller im Jahr 2020 um 15 %, auf weniger als 80 Millionen verkaufte Fahrzeuge, zurückgehen werden.

Der Verkauf von Fahrzeugen ist außerhalb von China aktuell so gut wie unmöglich. Auch fast alle Autohäuser mussten schließen. Der Kauf von Fahrzeugen ist derzeit nur über das Internet möglich, gleichzeitig ist jedoch aufgrund von geschlossenen Zulassungsstellen eine Anmeldung neuer Fahrzeuge nur bedingt möglich.

Als Reaktion auf den stark sinkenden Absatz, sowie die erhöhte Infektionsgefahr für die Mitarbeiter, stellte Volkswagen die Produktion in den deutschen und europäischen Werken, sowie Standorten in Amerika und Russland, ein. Die Schließung der Werke in Deutschland soll mindestens bis zum 19. April 2020 dauern; ebenso meldete der Konzern Kurzarbeit für 80.000 Beschäftigte an, um die enorme Belastung durch laufende Fixkosten zu reduzieren. So berichtete der Volkswagen-Vorstandsvorsitzende Herbert Diess am 26.03.2020 in einem Fernsehinterview, dass die Corona-Krise die Liquidität des Konzerns jede Woche um fast 2 Milliarden Euro mindere.

Ähnlich reagierten auch die meisten anderen Automobilhersteller. So hatte General Motors sämtliche Werke in Nordamerika geschlossen und eine Aussetzung der Produktion bis zum 30. März geplant, diese nun jedoch Anfang April sogar auf „unbestimmte Zeit“ verlängert.

Die angeschlossenen Zulieferer produzierten fast alle bis zuletzt, um Regressforderungen der Automobilhersteller aufgrund einer Unterbrechung der Lieferkette zu vermeiden, setzten kurz nach Stopp der Automobilproduktion jedoch auch die eigene Produktion aus oder widmeten diese teilweise um; hierbei setzten einige Zulieferer kurzzeitig auf die Produktion von Bedarf für die Medizintechnik, wie zum Beispiel Beatmungsgeräte oder Schutzkleidung.

Die Situation für die Automobilhersteller ist verzwickt. Selbst wenn diese ihre reguläre Produktion wieder aufnehmen, so sind sie dann natürlich wieder von funktionierenden Lieferketten abhängig. Als Beispiel hierfür sei Volkswagen genannt. Der Konzern arbeitet mit ca. 800 Lieferanten aus Spanien und Italien zusammen; beide Ländern sind extrem stark durch die Corona-Pandemie betroffen. Wann in diesen Ländern die Produktion wieder auf normalem Niveau laufen kann und die Lieferkette ohne Beeinträchtigungen funktioniert ist aktuell ungewiss.

Für die Automobilindustrie ist die Corona-Krise besonders schwierig, denn die gesamte Branche befand sich auch bereits vor der Corona-Pandemie in einem extrem kostenintensiven Transformationsprozess, hin zur Elektromobilität und weiteren alternativen Antrieben. Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), äußerte sich entsprechend besorgt in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur: „Wir stehen vor einer Herausforderung in bisher nie gekanntem Ausmaß.“

Die Corona-Krise dürfte die deutschen Autohersteller vor allem dringend für den Transformationsprozess benötigtes Investitionskapital kosten und damit vielleicht in ihrer Entwicklung Jahre zurückwerfen.

Ebenso könnte die Corona-Krise auch Auswirkungen auf die Verkehrswende insgesamt haben. Besonders betroffen von der Corona-Pandemie sind alternative Mobilitätsanbieter.

So bot zum Beispiel Sixt mit seiner Firma Sixt Executive GmbH bis vor Kurzem einen spezialisierten Chauffeur- und Limousinenservice an. Das Geschäft stand schon lange unter Druck. Nun machte die Corona-Krise sich auch hier bemerkbar. Mit Wirkung zum 25. März 2020 stellte die Sixt Executive GmbH ihren Betrieb ein und kündigte betriebsbedingt allen 80 Mitarbeitern.

Auch andere Mobilitäts- und Sharinganbieter geraten in Zeiten der Corona-Pandemie ähnlich unter Druck. Die Menschen schränken ihr Reiseverhalten auf ein Minimum ein und nutzen entsprechende Angebote deutlich weniger. Der Ridesharinganbieter MOIA zum Beispiel stellt sein Angebot mit Wirkung zum 1. April 2020 in Hannover und Hamburg „vorübergehend“ ein; in Hamburg wird im Auftrag der Stadt wenigstens noch ein Nachtverkehr angeboten.

Auch Verleiher von E-Rollern und E-Scootern veränderten ihr Angebot. Der Anbieter VOI reduzierte die Flotte deutlich, der Anbieter Bird stellte seinen europaweiten Verleih ein und der Konkurrent Lime setzte den Verleih weltweit in fast allen Ländern aus.

Fast alle Anbieter von alternativen Mobilitätskonzepten befinden sich in einem neuen und teilweise hart umkämpften Markt. Viele der Anbieter arbeiten noch nicht profitabel; manchem dürfte mit den Auswirkungen der Corona-Krise die Luft ausgehen.

Auswirkungen der Corona-Krise auf Transport und Logistik

In Folge der Corona-Pandemie sind weltweit Stilllegungen von Produktionsstätten zu beobachten. Werden weniger Güter produziert, reduziert sich natürlich entsprechend auch der Warenverkehr.

Besonders stark durch die Corona-Pandemie ist hierbei die Seefracht betroffen. Laut Schätzungen der International Maritime Organization (IMO) macht die Seefracht ca. 90 % des gesamten globalen Warenverkehrs aus. Ende Februar 2020 war der Warenverkehr von China nach Europa stark eingebrochen. Schiffe mit einer Kapazität von 2,4 Millionen Standardcontainer lagen ungenutzt auf See, vor allem direkt vor China; in der Finanzkrise 2009 waren es nur 1,52 Millionen Standardcontainer.

Hiervon war in den deutschen Häfen jedoch zunächst nicht viel zu spüren, da der Seeweg zwischen 5 und 6 Wochen dauert. Diese ausbleibenden Landungen waren also in Deutschland erst mit Verzögerung zu spüren. Inzwischen ist die Produktion in China auch wieder angelaufen, sodass die nächsten vollen Schiffe den Hamburger Hafen Ende April bis Anfang Mai erreichen werden; dennoch rechnet Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), mit einem massiven Umschlagrückgang, welcher auch im Laufe des Jahres 2020 nicht mehr aufgeholt werden kann.

Alternativ hierzu dürfte die Luftfracht einen kurzzeitigen Aufschwung erleben, da einige Unternehmen den langen Seeweg von China zeitweilig umgehen wollen; jedoch ist in der Luftfracht ein Kapazitätsrückgang zu verzeichnen, da Frachtvolumen in Passagierflugzeugen (Belly Cargo) wegfällt.

Denn durch die weltweit verschärften Einreisebeschränkungen und Einreisestopps ist auch die gesamte Passagierluftfahrt fast gänzlich zum Erliegen gekommen. So hat zum Beispiel die Lufthansa, in Folge der durch die Corona-Pandemie plötzlich dramatisch sinkenden Passagierzahlen, die meisten Flugzeuge seiner Flotte zunächst geparkt: 700 der 763 Flugzeuge der Konzernflotte bleiben am Boden. Inzwischen verhandelt die Lufthansa auch über eine Staatsbeteiligung. Hierbei schloss man aber eine Mehrheitsbeteiligung des Bundes aus, um die unternehmerische Entscheidungsfreiheit zu gewährleisten. Gleichzeitig besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass die Lufthansa die Corona-Krise intensiv nutzen wird, um ihren langfristig angelegten Konzernumbau voranzutreiben. So war bereits vor der Krise geplant, den Einsatz der Airbus A380 Flotte aus Kostengründen zu reduzieren. Nun bleiben alle A380 Flugzeuge am Boden. Ob diese jemals wieder zum Einsatz kommen werden ist ungewiss. Ebenso deuteten sich Anfang April Spekulationen über eine Einstellung des Betriebes der Lufthansa-Tochter Germanwings an. Auch hier plante die Lufthansa bereits seit langer Zeit Veränderungen. Kurze Zeit später verkündete Lufthansa am 07.04.2020 den Betrieb der Tochtergesellschaft Germanwings vollständig einzustellen. Ähnlich wie bei der Lufthansa werden viele Unternehmen die Corona-Krise auch nutzen, um unliebsame Entscheidungen „unterhalb des Radars“ einer breiten Öffentlichkeit durchzudrücken.

Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die gesamte Passagierluftfahrt haben wird, zeigt sich anhand einer aktuellen Analyse des Weltluftfahrtverbandes IATA.

Prognostizierte Passagierkilometer 2020 im Vorjahresvergleich

Quelle: IATA, März 2020

Für Europa prognostiziert der IATA für das Jahr 2020 einen Rückgang der geflogenen Passagierkilometer von 46 % im Vorjahresvergleich. Die Auswirkungen der hieraus resultierenden Umsatzrückgänge dürften für viele Airlines verheerend sein.

Prognostizierte Umsätze in der Passagierluftfahrt 2020 im Vorjahresvergleich

Quelle: IATA, März 2020

Für die gesamte Passagierluftfahrt wird für das Jahr 2020 ein Umsatzrückgang von 252 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Besonders heftig ist hiervon unter anderem Europa mit einem prognostizierten Umsatzrückgang von 76 Milliarden US-Dollar betroffen.

Gerald Wissel vom Beratungsunternehmen Airborne Consulting beschrieb, dass es mindestens zum Ende des Jahres 2020 dauern werde, bis in der Luftfahrtbranche wieder Normalität eingekehrt sei. Wie viele Airlines die Corona-Krise überstehen werden, hängt vor allem davon ab, wie lange die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen dauern werden. Jedoch zeigt eine Analyse der IATA, dass die Liquidität der durchschnittlichen Airline zu Beginn des Jahres 2020 gerade einmal für eine Abdeckung der Einnahmen von 2 Monaten ausreichte.

Einige Airlines, insbesondere diejenigen mit einer geringen Liquidität und einem hohen Maß an Unternehmensschulden, dürften die Corona-Krise aller Voraussicht nach nicht überstehen.

Auch im Bahnverkehr ist das Fahrgastaufkommen extrem stark zurückgegangen. Die Deutsche Bahn teilte mit, dass das Reiseaufkommen aktuell bei ca. 15 % des normalen Niveaus im Fernverkehr liege. Das Angebot kann die Bahn allerdings nicht auf ein so geringes Niveau herunterfahren, da sonst keine „einigermaßen regelmäßige“ Taklung mehr gewährleistet werden kann. Entsprechend fahren die Züge aktuell fast leer, die Kosten sind jedoch immer noch verhältnismäßig hoch.

Im Nahverkehr ist aktuell zwar noch zu beobachten, dass es während des Berufsverkehrs, insbesondere aufgrund des eingeschränkten Fahrplans, teilweise zu überfüllten Bahnen und Bussen kommt. Jedoch sind alle Verkehrsunternehmen aktuell damit konfrontiert, die Beförderung gewährleisten zu müssen, auch wenn dies in Leerfahrten resultiert.

Vielen privaten Verkehrsunternehmen wird dies erhebliche wirtschaftliche Probleme bereiten, wenn über längere Zeit Umsatzerlöse aus Fahrkartenverkäufe ausbleiben, jedoch trotzdem der Betrieb nicht eingestellt werden kann.

Glimpflich davon kommen werden Verkehrsunternehmen, welche Aufgabenträger im ÖPNV sind, da hier auch ein hohes Interesse der Städte, Kommunen und Gemeinden besteht, den Verkehr auch im Anschluss an die Corona-Krise noch gewährleisten zu können.


Auswirkungen der Corona-Krise auf die Medien

In der Medienlandschaft bringt die Corona-Krise sowohl Gewinner als auch Verlierer hervor. Besonders hart getroffen sind vor allem alle Medienunternehmen, welche auf Publikumsverkehr angewiesen sind. Hierzu zählen zum Beispiel Kinos oder Konzertveranstalter, welche mit dem behördlich angeordneten Shutdown in der 12 KW 2020 vollständig ihren Geschäftsbetrieb einstellen mussten. So berichtete der Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF), dass bereits in der Woche zuvor der Umsatz in den deutschen Kinos um 70 % zurückgegangen ist und mit jeder weiteren Woche ein Verlust von 17 Millionen Euro entsteht. Durch die Corona-Krise gerät auch die Verwertungskette der Filmindustrie aus den Fugen. Viele erfolgversprechende Filmstarts wurden auf unbestimmte Zeit verschoben, jedoch sind gerade diese neuen Filme für die Kinobranche essentiell, um sich gegenüber Streaminganbietern behaupten zu können. Für viele kleinere und inhabergeführte Kinos ist diese Situation absolut existenzbedrohlich.

Anders stellt sich die Situation in Funk und Fernsehen dar. Seit Beginn der Corona-Pandemie verbringen die Menschen in Deutschland deutlich mehr Zeit zu Hause. Entsprechend waren die Nutzungszeiten sowohl im linearen Fernsehen als auch bei Streaminganbietern im Februar und März 2020 leicht überdurchschnittlich im Vorjahresvergleich.

Zeitschriften- und Zeitungsverlage erlebten seit Beginn der Corona-Pandemie eine wahrhafte Sonderkonjunktur. Insbesondere die digitale Reichweite stieg stark an. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) berichtete sogar über einen sprunghaften Anstieg der digitalen Reichweite der  Zeitungen von 65 %.

Jedoch dürften viele Verlage Schwierigkeiten haben, diese Reichweite auch zu monetisieren. Viele Werbekunden sind bereits zu Beginn der Corona-Pandemie abgesprungen. Spätestens mit Beginn der weitreichenden Schließung von Läden und Geschäften dürften viele Werbepartner ihre Aufträge storniert haben. Sie könnten ihre Kunden vielleicht erreichen, können jedoch gleichzeitig größtenteils keine Verkäufe in den Ladengeschäften mehr gewährleisten, sodass intensive Werbung aktuell für viele Unternehmen keinen  Sinn ergibt.

Treffen wird dies vor allem kleinere lokale Zeitungen, welche noch keine ausreichenden digitalen Alternativen anbieten und ohnehin bereits mit wegbrechenden Umsätzen aus Werbung in Printmedien zu kämpfen hatten.

Dennoch gehen die meisten Verleger von einer schnellen Erholung aus. „Wir rechnen damit, dass wir am 23. April wieder mit unserer regulären Auflage starten, sobald erste Lockerungen der Maßnahmen durch die Bundesregierung verkündet wurden. Die Firmen wollen nach der Krise wieder durchstarten und wollen Werbung schalten. Hier spielen auch die lokalen Printmedien eine wichtige Rolle, sofern sie gut gemacht sind.“, so Günther Riesenbeck vom Stadtjournal blick-punkt aus Georgsmarienhütte


Auswirkungen der Corona-Krise auf die IKT-Branche

Jeder fünfte Berufstätige arbeitet aufgrund der Corona-Pandemie erstmals im Homeoffice und sieht hierin auch eine sinnvolle Maßnahme, um eine Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus zu erreichen.

An dieser Stelle setzt nun auch die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) an und unterstreicht die Bedeutung von IT- und Telekommunikationslösungen für die Aufrechterhaltung von Wirtschaftsprozessen, öffentlicher Verwaltung, sowie dem gesellschaftlichen Leben. Seitens des Digitalverbandes Bitkom e.V wird an dieser Stelle sogar ein Neu- und Umdenken in Bezug auf die systemrelevanten und essentiellen Güter gefordert. Neben den IKT-Produkten zählten hierzu auch der Online-Handel, sowie die Paket- und Lieferdienste, welche gerade in Zeiten einer Pandemie die Bevölkerung unterstützen. Darüber hinaus stütze sich die Digitalisierung nicht ausschließlich auf die Möglichkeiten im Homeoffice zu arbeiten, sondern zeige sich aktuell auch im Bildungsbereich, in der Medizin in Form von Telemedizin, sowie in der Verwaltung und Politik.

Um diese plötzlich entstehenden neuen Formen der Arbeit sicherzustellen, arbeiten die Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie daran, die Leistungsfähigkeit der Netze und Dienste sicherzustellen. Dennoch ist in der Branche in vielen Bereichen der persönliche Kundenkontakt gefordert, der  jedoch in Folge der COVID-19-Pandemie zunehmend erschwert werde.

Dieses Bild spiegelt auch der Stimmungsindikator des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) wider. Dieser ist für die IKT-Unternehmen, trotz gesellschaftlicher Abhängigkeit von einer funktionierenden digitalen Infrastruktur, auf ein Rekordtief von insgesamt 51,1 Punkten gesunken. Im Vergleich zum 4. Quartal 2019 sank der ZWE-Stimmungsindikator damit allein für die IKT um 17 Punkte.

Grundsätzlich wirkt sich die Geschäftslage und die damit verbundenen Geschäftserwartungen bei den IKT-Hardwareherstellern negativer aus als bei den IKT-Dienstleistern. Diese erleben gerade einen Aufschwung in den Bereichen IT-Sicherheitsmaßnahmen und der Organisation von Homeoffice- beziehungsweise Remote-Zugängen.

Die Hardwarehersteller nehmen zwar eine erhöhte Nachfrage wahr, können jedoch aufgrund der unterbrochenen Lieferketten und der Betriebsschließungen in China nicht liefern. Dies hat für die Klein- und Mittelständischen Unternehmen der IKT-Branche verheerende Auswirkungen, da die Großunternehmen oftmals über größere Lagerbestände oder bevorzugte Kontakte zu Distributoren verfügen und damit vorerst als Gewinner aus der Krisensituation hervorgehen.

Mit Blick auf die nächsten Jahre wird die Corona-Krise vor allem Beschleuniger für die Digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sein. Erste Anzeichen hierfür zeigen sich bereits jetzt in einzelnen Digitalisierungsprojekten. So berichtete Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, dass nun „gerade besonders benötigte Bereiche der Verwaltung wie Kulanz- und Stornoabwicklungen oder Bewerbungsverfahren schneller digitalisiert und ins Internet verlagert“ würden.

Natürlich muss man die Frage stellen, warum dies nicht schon deutlich früher geschehen ist. Jedoch werden viele Unternehmen erst mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie das Potenzial einer weitreichenden Digitalisierung überhaupt erkennen können.


Auswirkungen der Corona-Krise auf die Bauindustrie

In der Baubranche ist die Corona-Krise bislang noch nicht zu spüren. Die Bauindustrie ist stark in das Jahr 2020 gestartet. Im Januar 2020 verzeichnete die Bauindustrie mit einer nominalen Zunahme der Auftragseingänge in Höhe von 9,1 % im Vergleich zum Vorjahresmonat einen neuen Rekord. Ebenso stiegen die Umsätze im Bauhauptgewerbe im Januar nominal um 14,2 % im Vorjahresvergleich.

Jedoch spüren vereinzelt Betriebe bereits Probleme in der Lieferkette, vor allem wenn Sie auf Materialien zurückgreifen, welche aus anderen Ländern importiert werden. Als Beispiel seien hierfür Vorprodukte wie Platten oder Armaturen genannt, welche häufig aus Italien importiert werden.

Ebenso bereiten die Mitte März 2020 beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmerung der Ausbreitung des Coronavirus Schwierigkeiten im Alltag der Bauindustrie. Beispielhaft teilte der Baukonzern Strabag am 20.03.2020 mit, dass die Arbeit auf ca. 1.000 Baustellen in Österreich vorerst eingestellt werde, da auf den Baustellen der behördlich angeordnete Mindestabstand zwischen den Mitarbeitern nicht eingehalten werden könne. Strabag zog die Konsequenzen hieraus und meldete für seine 11.000 österreichischen Mitarbeiter wenig später Kurzarbeit an.

Eine besondere Gefahr für die Bauindustrie besteht jedoch in durch die Corona-Krise ins Straucheln geratenen Auftraggebern. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelstages erwarten 75 % der Bauunternehmen, dass sie in den kommenden Wochen die Auswirkungen von Liquiditätsengpässen der Auftraggeber spüren werden. Bereits jetzt gebe es Probleme mit der Zahlungsfähigkeit. So hätten nach Angaben des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie bereits Mitte März einzelne Kommunen die Rechnungen für geleistete Aufträge nicht mehr beglichen.

Die Corona-Krise wird die Baubranche also erst mit einer deutlichen Verzögerung erreichen. Aufgrund der sich insgesamt verschlechternden Rahmenbedingungen ist davon auszugehen, dass in den nächsten Monaten insbesondere ein Rückgang von Aufträgen im Bereich der Gewerbebauten zu verzeichnen sein wird.


Auswirkungen der Corona-Krise auf die Chemieindustrie

Die bereits für das vierte Quartal 2019 prognostizierte Konjunktur-Trendwende in der Chemieindustrie ist ausgeblieben und auch mit den ersten Zahlen für das Jahr 2020 setzte sich dieser Abschwung fort. Daher befand sich die Chemieindustrie auch schon vor dem Coronavirus in der Rezession. Gerade die exportorientierten und nicht systemrelevanten Bereiche der Chemieindustrie werden die Auswirkungen von Corona & Co. deutlich spüren.

So ist die Chemieindustrie unter anderem von der Automobilbranche abhängig. Mindestens 15 % der Gesamt-Chemieproduktion hängt vom Fahrzeugbau ab. Des Weiteren ist die Branche Vorleister für verschiedene weitere Produkte in allen Zweigen der Industrie. Viele der Kundenbranchen sind aktuell ebenfalls von der Corona-Pandemie betroffen und dies wirke sich nun negativ auf die Chemieindustrie aus, erläuterte Wolfgang Große Entruß, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI).

Zugutekommt der chemisch-pharmazeutischen Industrie, einem Teilbereich der Chemieindustrie, dass diese mit zu den systemrelevanten Branchen gehört und die Bevölkerung mit Produkten zum Erhalt der Gesundheit versorgt. Hierzu zählen laut dem VCI vor allem Medikamente, biozide Wirkstoffe für die Desinfektion, Seifen, Wasch- und Reinigungsmittel, sowie die Herstellung von Kunststoffen. Diese werden besonders für die Verlängerung der Haltbarkeit von verderblichen Lebensmitteln genutzt, zum Beispiel in Konserven und Verpackungen. Zusätzlich unterstützen chemische Werkstoffe die Arbeit der Ärzte und des Pflegepersonals in Krankenhäusern durch Schutzkleidung, Masken und medizinische Geräte.

Im Rahmen eines Best-Case-Szenarios für die nächsten Monate hat die Chemieindustrie mindestens eine Stagnation zu erwarten. Grundsätzlich wird jedoch, unter anderem vom VCI, mit einem Rückgang der Chemieproduktion gerechnet. Diese Prognose spiegelt sich ebenso in den vom ifo Institut erhobenen Konjunktur-Perspektiven wider. Die Geschäftserwartungen des ifo-Index sanken in der Chemieindustrie von -7,2 Punkten (Stand: Februar 2020) auf -39,0 Punkte (Stand: März 2020). Das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete im Vergleich zur Chemieindustrie im selben Analyse-Zeitraum einen Verlust von 26,8 Index-Punkten.


Auswirkungen der Corona-Krise auf die Pharmaindustrie

Mit Beginn der Corona-Pandemie stand auch die Pharmaindustrie im Fokus, insbesondere da zeitgleich auch die Suche nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus begonnen hatte. Jedoch sind hieran nur wenige Unternehmen in Deutschland und weltweit beteiligt, sodass sich diese Sondereffekte nur geringfügig auf die gesamte Pharmaindustrie auswirken werden.

Bislang trotze die Pharmaindustrie den Auswirkungen der Corona-Krise. Nur 25 % der Unternehmen spürten Mitte März 2020 Auswirkungen der Corona-Pandemie.

Spürbar werden die Auswirkungen der Corona-Pandemie vor allem durch die globalen Auswirkungen auf die Lieferketten der Pharmazeutischen Industrie. Viele weiterzuverarbeitende Wirkstoffe stammen aus Indien und China. Indien hatte bereits am 03. März den Arzneimittel-Export von 26 Wirkstoffen und Arzneimitteln bis auf Weiteres gestoppt. Ebenso führte der vollständige Produktionsstopp in der chinesischen Provinz Hubei Mitte Februar zu einer weiteren Verknappung von benötigten Wirkstoffen.

Vermutlich vor allem diese Schwierigkeiten in den Lieferketten sorgten dafür, dass sich auch der Geschäftsausblick in der Pharmaindustrie eintrübte. "Der Geschäftsklimaindex im März sackte auf einen Wert von -3,4 ab (Saldo in Prozent, saisonbereinigt). Das ist der tiefste Stand seit Mai 2009 und der zweitniedrigste Wert, der je für die pharmazeutische Industrie gemessen wurde.“

Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass diese Erfahrungen während der Corona-Krise die Pharmaindustrie in Deutschland und Europa langfristig aufwerten werden. So fordert Dr. Martin Zentgraf, der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie, die Pharmaindustrie zukünftig als systemrelevant einzustufen und den Produktionsstandort Europa zu stärken, um zukünftig unabhängiger von außereuropäischen Produktionsstandorten und Zulieferern zu werden. Es scheint realistisch, dass die Pharmaindustrie mit diesen Forderungen in der Politik Gehör finden wird.


Auswirkungen der Corona-Krise auf die Medizintechnik

Die Medizintechnikbranche gehört zu den wenigen Gewinnern der Corona-Krise und erfährt durch die kurzzeitig stark erhöhte Nachfrage nach Medizintechnik, zum Beispiel aktuell dringend benötigte Beatmungsgeräte, einen Aufwind. Als Beispiel hierfür sei die Firma Drägerwerk genannt. Drägerwerk produziert und vertreibt Geräte und Systeme in den Bereichen Medizin- und Sicherheitstechnik. Mitte März erhielt Drägerwerk von der Bundesregierung einen Großauftrag für die Produktion von 10.000 Beatmungsgeräten. Der Wert der Drägerwerk Aktie stieg seit Beginn des Jahres von 55,55 € am 02.02.2020 auf 101,00 € am 30.03.2020.

Ein ähnlicher Trend zeichnet sich in der gesamten Branche ab, jedoch sind auch hier die Lieferketten der Medizintechnikhersteller unter Druck. Eine Blitzumfrage im März 2020 durch den Branchenverband BVMed  unter 87 Medizinprodukte-Herstellern ergab, dass 59 % der befragten Unternehmen Probleme mit ihren Zulieferbetrieben haben, 45 % beklagten einen erhöhten Krankenstand und 6 % mussten sogar Kurzarbeit anmelden.

Folgen des Coronavirus für die Hersteller von Medizinprodukten

Quelle: BVMed Blitzumfrage, März 2020
 

Auswirkungen der Corona-Krise auf das Gesundheitssystem

Das deutsche Gesundheitssystem wird im Volksmund oft als das beste und ausgereifteste der Welt beschrieben. Doch im weltweiten Vergleich schneidet das deutsche Gesundheitssystem nur mäßig ab. Im Jahr 2019 bot der Global Health Security Index (GHS-Index) erstmals einen Überblick über die Gesundheitsversorgung der einzelnen Staaten. Von insgesamt 100 Index-Punkten erreichte Deutschland lediglich 48,2. Erschreckend ist, dass bereits vor der Corona-Krise die Kommunikation im Gesundheitssektor, die Versorgung mit medizinischer Schutzausrüstung, sowie eine fehlende Strategie zur Notfallversorgung des Gesundheitspersonals in einem potenziellen Krisenfall, bemängelt wurden.

Um während und vor allem nach der Corona-Krise das Gesundheitssystem zu unterstützen, hat das Bundeskabinett am 23.03.2020 ein Gesetzespaket zur Unterstützung des Gesundheitssystems bei der Bewältigung der Corona-Pandemie beschlossen. Die Bundesregierung fördert mit dem Gesetzespaket die Krankenhäuser, Vertragsärzte und den Pflege-Bereich, um die Auswirkungen durch das Coronavirus zu bewältigen. Ziel ist es, Versorgungskapazitäten für eine wachsende Anzahl von infizierten Patienten bereitzustellen und die Folgen im Nachgang der Krise abzufedern. Hierfür stellt die Bundesregierungen finanzielle Unterstützungen bereit und sorgt für Entlastung im Bereich der Bürokratie.

Zudem sollen die bereits im Jahr 2019 identifizieren Defizite kurzfristig kompensiert werden. Gerade im Bereich der persönlichen Schutzausrüstung bekommen die Krankenhäuser befristet einen Zuschlag je Patient in Höhe von 50,00 €.

Als Lehre aus der Corona-Krise kann für das deutsche Gesundheitssystem gezogen werden, dass Deutschland vergleichsweise relativ gut auf die gesundheitliche Notlage vorbereitet ist. Gut ausgebildetes Gesundheitspersonal und technische Geräte für Patienten sind umfassend vorhanden.

Gut ausgebildetes Gesundheitspersonal und technische Geräte für Patienten sind umfassend vorhanden. Dennoch muss der öffentliche Gesundheitsdienst, zu dem auch die Gesundheitsämter zählen, gestärkt werden. Weiter sollten sich die Gesundheitsämter auf die Aufgabe der Gesundheitsprävention ausrichten, um die Bevölkerung vor Krisensituationen effektiv zu schützen.

Die Corona-Krise zeigt zudem, dass es einer Änderung der Krankenhausfinanzierung bedarf. Denn die Krankenhäuser benötigen eine viel größere Grundfinanzierung, unabhängig von konkreten Leistungen. Dies zeigt sich insbesondere in Krisenzeiten. Für die Krankenhäuser ist nahezu unrentabel, wichtige Leistungen für solche Zeiten vorrätig zu halten. Der Wettbewerb durch die je Finanzierung je Krankenhausfall ist hierfür zu hoch.

Auch die Krankenkassen bleiben nicht von der Corona-Krise verschont. Das eigentliche Ziel von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sei zum Ende des Jahres 2019 gewesen, dass die Krankenkassen in den folgenden Jahren teilweise ihre Rücklagen abbauen, damit Mitglieder eine Entlastung durch die Senkung der Zusatzbeiträge erhalten. Die Leistungen sollten dennoch auf einem hohen Niveau fortgeführt werden. Die Krankenkassen verfügen über mehr als 20 Milliarden Euro Rücklagen und zusätzlich eine Rücklage des Gesundheitsfonds in Höhe von 10 Milliarden Euro.

Insgesamt rechnen die Krankenkassen jedoch damit, dass die Ausgaben gerade zu Corona-Zeiten weiter steigen. Nach einer Beitragssatzsenkung zu Beginn 2019, konnten die meisten Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge Anfang 2020 stabil halten. Für das Jahr 2021 kann laut dem Kassenspitzenverband mit einer Erhöhung der Beiträge gerechnet werden, da die Kassen ihre Rücklagen über den geplanten Wert abbauen werden müssen. Dies kann dann für Unternehmen zu einer zusätzlichen Erhöhung der Lohnnebenkosten führen.

Ein spannender Nebeneffekt der Corona-Krise ist, dass die „Zwei-Klassen-Medizin“ inoffiziell aufgelöst wurde. Im Falle eines Tests auf das Coronavirus gibt es keinen gesonderten und bevorzugten Zugriff auf diese. Seitens des Verbands der Privaten Krankenversicherer hieß es, vor dem Coronavirus seien alle gleich. Hier gelte es strikt nach der medizinischen Notwendigkeit zu gehen.

Und auch die zusätzlichen benötigten Behandlungskosten für Corona-Patienten werden von den Krankenkassen übernommen. Hierzu zählen seit Ende Februar 2020 auch die Kosten für die Tests auf das Coronavirus, welche in einem Kostenrahmen zwischen 150 €-300 € liegen und bis vor kurzem noch für alle als Privatleistung galten.

Die Maßnahmen, die seitens der Bundesregierung zur Pandemie-Bekämpfung eingeleitet wurden, wirken sich, neben den physischen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, auch auf die Psyche der Menschen aus. Besonders schwer ist diese Situation für Personen, die schon vor der Krise an Depressionen oder Angststörungen gelitten haben. Denn gerade psychologische Erkrankungen treten in diesen Zeiten gehäuft in den Krankenkassenberichten auf. Dies liegt zum Beispiel dran, dass aktuell die allgemeine Anspannung, Angst vor Ansteckung und finanzielle Sorgen bei vielen Menschen größer sind als sonst, was Angststörungen und weitere Symptomatiken begünstigen kann. In welcher Form die psychischen Erkrankungen nach dem Exit aus dem Shutdown weiter ansteigen werden, lässt sich noch nicht genau abschätzen.

Die Psychologen haben daher schon jetzt einen besonderen Versorgungsauftrag, der durch die Nutzung von Telemedizin auch in Pandemie-Zeiten durchgeführt werden kann. Die Therapien wurden an die Corona-Situation angepasst. Sitzungen finden nun in den meisten Fällen per Telefon oder Video statt. Eine Mengenbegrenzung für die virtuellen Therapiesitzungen ist wegen der besonderen Umstände seitens der Krankenkassen kurzfristig aufgehoben worden. Dies ermöglicht neue Chancen für die Durchführung von Therapien.

Dennoch hat sich der Weg hin zu einem Therapieplatz noch nicht wesentlich verbessert; es ist nach wie vor schwer und mit langen Wartezeiten verbunden, einen geeigneten Platz zu bekommen. Dies liegt unter anderem an den Vorschriften der Krankenkassen, die zum Beispiel eine probatorische Erstsitzung als physische Pflichtsitzung sehen, die persönlich stattfinden muss.

Die Corona-Krise kann für Deutschland die Chance sein, in den Bereichen Telemedizin und eHealth weiter auszubauen. Um Ressourcen und Zeit zu sparen ist es sinnvoll die elektronische Patientenakte schnellstmöglich einzuführen. Zudem sollte die Kommunikation weiter ausgebaut erhalten werden, sodass sich Anbieter von Gesundheitsleistungen über erfolgreiche Behandlungsverfahren und freie Kapazitäten austauschen können. Auch die Telemedizin wird ein wichtiger Baustein für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen sein.

 

Politische Folgen der Corona-Krise

Zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir noch am Anfang der Corona-Pandemie und dennoch sind die langfristigen Auswirkungen auf unsere demokratische und freiheitliche Gesellschaftsordnung in Deutschland und Europa schon jetzt besorgniserregend.

Gerade in Deutschland und Europa ist die vorherrschende freiheitliche und demokratische Ordnung von besonderer Bedeutung für unser gesellschaftliches Zusammenleben. Wie oft wurden durch Deutschland in der Vergangenheit Verstöße gegen Grundrechte, Einschränkungen der Pressefreiheit oder mangelnde demokratische Prinzipien in anderen Ländern angeprangert? Im ersten Anflug der Krise wird nun jedoch aktuell durch die Politik begonnen den Rechtsstaat zu unterwandern und grundlegende Prinzipien unserer demokratischen Gesellschaft in der Diskussion völlig außer Acht zu lassen, was sich in zwei Beispielen  besonders ausdrückt.

Kritisch ist hierbei vor allem das Standort-Tracking von Corona-Infizierten zu betrachten. In den letzten Tagen wurde über diese in Südkorea bereits praktizierte Maßnahme auch in Deutschland viel diskutiert. Das Grundprinzip beruht hierbei auf der Auswertung von Standortdaten von infizierten Personen, um deren Aufenthaltsorte und Kontaktpersonen zu identifizieren.

Erschreckend hierbei ist, dass die Telekom Deutschland GmbH bereits am 17.03.2020 die Standortdaten seiner Kunden an das Robert-Koch-Institut übergeben hat. Dies erfolgte nach Aussagen der Telekom zwar in anonymisierter Form, jedoch gänzlich ohne Zustimmung oder Information der betroffenen Kunden. Übergeben wurden die „Daten von rund 46 Millionen Handykunden im Umfang von fünf Gigabyte aus dem letzten Quartal 2019“. Am 24.03.2020 lieferte die Telekom erneut Daten an das Robert-Koch-Institut, diesmal mit Datensätzen bis zum Zeitraum vom 19. März 2020. Auf dieser Basis sollen die Datenpakete verglichen werden und Änderungen im Mobilitätsverhalten festgestellt werden. Am 23.03.2020 wurde darüber hinaus zwischen der Europäischen Union und den acht größten Telekommunikationsanbietern, darunter Vodafone, Deutsche Telekom, Orange, Telefonica, Telecom Italia, Telenor, Telia und A1 Telekom Austria, die Weitergabe anonymisierter Standort-Daten der Mobilfunkkunden vereinbart.

In der 13 Kalenderwoche des Jahres 2020 legte Gesundheitsminister Jens Spahn einen noch viel weitreichenderen Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz vor, in welchem Provider dazu verpflichtet werden sollen, auch personenbezogene Handydaten zu übergeben, um Bewegungsprofile von Infizierten zu erstellen und deren Kontaktpersonen ermitteln zu können. Diese Passage im Gesetzentwurf wurde dann allerdings aufgrund weitreichender Proteste zurückgezogen.

Ob das Standort-Tracking bei der Bekämpfung der Pandemie tatsächlich wirksam helfen kann, ist an dieser Stelle irrelevant. Vielmehr wird in diesem Moment, mit dem Hebel einer durch die Corona-Krise ausgelösten Angst in der Gesellschaft, möglicherweise ein Präzedenzfall geschaffen, mit dem erheblichen Gefahren für unsere freiheitliche Grundordnung verbunden sind. Deutlich wird dies anhand Daten vor Beginn der Corona-Epidemie. In einer von Amnesty International im März 2015 veröffentlichten repräsentativen Umfrage sprachen sich 69 % der Deutschen gegen eine Überwachung ihrer Internet- und Mobilfunknutzung durch die Regierung aus. Mit Beginn der Corona-Epidemie hat sich das Meinungsbild jedoch schlagartig geändert. Eine Umfrage durch das Meinungsforschungsinstitut YouGov ergab, dass 50 % der Befragten die Ortung von Kontaktpersonen von Infizierten für sinnvoll halten. Nur 38 % fänden dies unangemessen, 12 % machten keine Angaben. Hieran wird deutlich, dass die Diskussion solcher Maßnahmen in einer Krisensituation äußerst schwierig ist, denn natürlich sind Menschen in Extremsituationen auch bereit extremere Maßnahmen zu ergreifen. Dennoch heiligt der Zweck eben nicht die Mittel, denn wir müssen uns auch vor Augen führen, dass es eine Zeit nach der Corona-Pandemie geben wird. Wenn solche oder vergleichbare Maßnahme erst einmal in Deutschland eingeführt wurden, dann werden Sie auch bleiben und eben nicht mit dem Ende der Pandemie wieder abgeschafft.

Als Beispiel hierfür müssen vor allem die gesellschaftlichen Entwicklungen nach den Anschlägen auf das World Trade Center vom 11. September 2001 herangezogen haben. In den nachfolgenden Jahren sind hieraus eine Vielzahl von Anti-Terror-Gesetzen entsprungen, welche zum Teil drastisch in die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen; und das weltweit. Whistleblower Edward Snowden deckte später im Juni 2013 auf, dass die USA ihre Geheimdienste fast unbemerkt mit umfangreichsten Befugnisse ausgestattet hatten und beginnend im Oktober 2001 ein großer Teil des weltweiten Internetverkehrs angezapft und ausspioniert wurde. Ähnliche Befürchtungen hat Snowden auf die in mehreren Ländern bereits eingerichtet Handy-Überwachung zur Eindämmung der Corona-Krise. „Als Beispiel nannte Snowden die Analyse von Standortdaten. Das sei natürlich ein wirksames Mittel, um die Ausbreitung des Virus und der infizierten Menschen zu erheben. Aber es könnte auch verlockend sein, mit einer verschärften Überwachung der Handydaten künftig Terroristen oder sonstige angebliche Staatsfeinde aufspüren zu wollen. Besonders besorgt zeigte sich Snowden angesichts der Möglichkeit, Überwachungsmaßnahmen mit Künstlicher Intelligenz zu verknüpfen. Die daraus folgende Effizienz stelle eine Bedrohung für die persönliche Freiheit dar.“

Die jetzige Krisensituation birgt grundsätzlich die Gefahr, dass viele Themen in der Berichterstattung über die Corona-Krise untergehen. Dazu zählt nicht nur die Unterwanderung des Datenschutzes, sondern auch die Missachtung grundlegender demokratischer Prinzipien.

Ein zweites extremes Beispiel findet sich mitten in Europa. So verabschiedete am 30.03.2020 das Parlament in Ungarn ein Gesetz, welches es dem Premier Viktor Orbán ermöglicht, auf unbestimmte Zeit per Dekret zu regieren. Orbán ist damit der erste Politiker Europas, welcher die Corona-Krise zur „autoritären Machtergreifung“ instrumentalisiert.

Man könnte glauben, dass die Europäische Union sich mit aller Kraft gegen eine solche Entwicklung stemmt, bislang ist dies jedoch nicht erkennbar. Viele Mitgliedsstaaten haben wenig Interesse daran, dass die EU einübt, schlagkräftig ihre Grundsätze zu verteidigen, sondern wünschen vor allem den größtmöglichen Erhalt der nationalen Souveränität. Europa und das Konzept der Europäischen Union stehen hiermit vor ihrer größten Bewährungsprobe.


Exit-Strategien aus der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie hat eine enorme Dimension erreicht und wirkt sich weltweit auf alle Lebensbereiche der Menschen aus. Viele Menschen fragen sich nun natürlich, wie die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie verlaufen wird und welche langfristigen Folgen sich hieraus ergeben werden.

Mögliche Exit-Strategien aus dem Lockdown

Seit dem 24.02.2020 wurden in Deutschland schrittweise Maßnahmen mit dem Ziel des Lockdowns vollzogen; nun gilt es über mögliche Exit-Strategien nachzudenken. Diese ebnen den Weg für die Zeit nach dem absoluten Herunterfahren von Wirtschaft und Gesellschaft, hin zu einem neuen normalisierten gesellschaftlichen Leben und wirtschaftlicher Stabilität.

Das Bundesinnenministerium hat bereits in der 15. Kalenderwoche 2020 ein Strategiepapier vorgelegt, welches den Übergang von der Phase der Verlangsamung der Pandemie in eine Viruskontrollphase veranschaulicht. Der Strategieplan für eine mögliche Exit-Strategie ist hierbei in drei Stufen aufgeteilt.

In einem ersten Schritt gilt es, die Geschäfte des Einzelhandels, die Schulen und die Restaurants wiederzueröffnen. Hierzu werde es gerade in den Bereichen des Einzelhandels und der Gastronomie noch weitere Beschränkungen geben, wie zum Beispiel die Beschränkung der Anzahl der Personen in geschlossenen Räumen.

Der zweite Schritt sieht die Aufnahme der Arbeit von definierten Wirtschafts- und Industriezweigen vor. Diese werden anhand der Faktoren Kundenkontakt und möglichen Schutzmaßnahmen gemessen, und somit erst zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Pandemie in das Wirtschaftsleben zurückgeholt. Und auch der Handel an den Binnengrenzen der Europäischen Union (EU) soll laut dem Strategiepapier zeitnah geöffnet werden. Es werde überlegt, ob die Kontrollen an den EU-Außengrenzen verstärkt werden, um den freien Binnenhandel zu unterstützen.

Eine Wiederaufnahme von Großveranstaltungen und privaten Feiern werde erst in der dritten und letzten Stufe der Exit-Strategie gesehen.

Neben dem Strategiepapier des Bundesinnenministeriums gibt es einige weitere Einschätzungen, die sich vor allem an den bisherigen vollzogenen Exit-Strategien von China oder auch der geplanten Vorgehenswiese von Österreich orientieren. So sieht der vom Beratungsunternehmen Roland Berger entwickelte Aktionsplan „Sicheres Hochfahren“ ebenfalls drei Maßnahmenbausteine vor.

Zunächst gelte es Infizierte zu identifizieren und unter Quarantäne zu stellen. Für diesen essentiellen Schritt bedürfe es neben Gesundheitsprodukten wie Desinfektionsmittel, Schutzmasken und Schutzmaterialien ein technologisches Hilfsmittel, wie zum Beispiel eine App, welche der Bevölkerung bundesweit zur Verfügung gestellt werde. Mit dieser Strategie sei es unter anderem Südkorea gelungen, die Fallzahlen deutlich zu reduzieren.

Anschließend sei es notwendig die Branchen und Regionen nach und nach „sicher hochzufahren“. Der Fokus liege hierbei auf dem Wiederbeleben des öffentlichen Lebens, um gleichzeitig die Wirtschaft anzukurbeln. Diese Ziele seien jedoch auch nur unter der gleichzeitigen Einhaltung von Schutzmechanismen zu erreichen.

Die dritte Phase beschreibt das „New Normal“. In dieser Zeit werde sich jede Branche und jede Privatperson an die neuen Lebensbedingungen gewöhnen und gesellschaftliche sowie ökonomische Lehren für die Zeit nach der Corona-Krise ziehen müssen.

Klar ist schon jetzt, dass sich die Strukturen der Arbeitswelt grundlegend ändern werden und die Corona-Krise eine Art Katalysator darstellt, für das was früher oder später in einer ähnlichen Form auf die Weltbevölkerung zugekommen wäre.

Gerade für Unternehmen gilt es, ihre Investitionen zu überdenken, die Krisen-Resilienz zu erhöhen, agile Arbeitsmethoden einzuführen und digitale Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Insbesondere das Thema Lieferketten ist verstärkt zu hinterfragen, denn gerade in Krisenzeiten zeigt sich hier eine hohe Bedeutung.

Bei allen Exit-Strategien besteht jedoch die Voraussetzung, dass die Ansteckungsrate unter eins bleibt. Dies bedeutet, dass ein mit dem Virus infizierter Mensch weniger als eine weitere Person infiziert. Dies wäre die Grundbedingung, um auch langfristig eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.

In der Praxis werden wir wahrscheinlich, ähnlich wie der Einführung der Beschränkungen, viele lokale und regionale unterschiedliche Lösungen sehen. Ein deutschlandweit einheitliches Vorgehen scheint durch unser föderalistisches System unwahrscheinlich.


Chancen nach der Corona-Krise

Auswirkungen der Corona-Krise auf Megatrends

Megatrends markieren Veränderungen, welche die Gesellschaft schon lange prägen und sie gleichzeitig noch lange prägen werden. Hierbei wirken Megatrends auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft, unter anderem auf die Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Technik und Kultur. Die Welt wird durch Megatrends verändert. Dies erfolgt langsam und langfristig.

In Zeiten der Corona-Krise lassen sich 4 Zukunftsszenarien erstellen, die zum einen die Megatrends beinhalten und gleichzeitig Chancen aufzeigen, wie es nach Corona & Co. weitergehen kann.

Impact Map für Szenarien und Megatrends

Quelle: Zukunftsinstitut GmbH, März 2020

Szenario 1: Die totale Isolation

Der Grundtenor dieses Szenario beschreibt, dass die Gesellschaft gerne in einer totalen Isolation lebt. Der Shutdown ist zur Normalität geworden, vor einem persönlichen Treffen werden zur Sicherheit Gesundheitsdaten ausgetauscht, und bei einer Ausreise aus der Stadt oder dem Land wird eine Genehmigung benötigt. Auch die Handelsabkommen einzelner Staaten gewähren untereinander keine Grundversorgung mehr. Die wichtigsten Werte des ersten Szenarios sind Sicherheit, Gesundheit und Individualisierung.

Szenario 2: System Crash

Das Vertrauen in eine globalisierte Welt ist zunächst einmal erschüttert, und es wird sich auf die nationalen Interessen fokussiert. Jede Nation ist sich selbst die Nächste. Maßnahmen zum Schutz vor einer erneuten Pandemie oder Katastrophe werden frühzeitig und drastisch getroffen. An einer internationalen Zusammenarbeit wird in Zukunft gezweifelt.

Szenario 3: Neo-Tribes

Die lokalen Strukturen gewinnen an Bedeutung und der Fokus wird auf die regionalen Erzeugnisse gelegt. Es kommt ein neues Gefühl für eine Wir-Kultur in Verbindung mit der Rückbesinnung auf die Familie auf. Die Globalisierung rückt in den Hintergrund und gleichzeitig wird mehr Wert auf eine nachhaltige Lebensweise gelegt.

Szenario 4: Adaptation

Die Welt reflektiert das Geschehen der Pandemie und geht daraus gestärkt hervor. Gerade im Umgang mit Veränderungen wird flexibler und agiler gehandelt. Dies sind gute Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum der Weltwirtschaft. Dennoch verläuft der Wachstumsanstieg deutlich langsamer oder stagniert teilweise. Der Zweck des Wirtschaftens wird gerade von Unternehmen, die aufgrund der Stagnation neue Geschäftsmodelle erschließen müssen, hinterfragt.

Die Krise schafft daher auch ein Umdenken, hin zu einem neuen und achtsamen Umgang miteinander.

Zu den Change-Motoren der Zukunft, die als Innovationstreiber gelten, zählt zum Beispiel New Work. Wo, wie und was wir arbeiten ändert sich gerade in diesen veränderungsgetriebenen Zeiten. Unternehmen müssen jetzt umdenken und neue Muster der Arbeit in Echtzeit einführen.

Zudem sorgt die "Silver Society“ für eine Haltungsänderung, von der bisherigen Anti-Aging-Haltung zu einer Pro-Aging-Gesellschaft.

Der Zwangsstopp, der durch die Corona-Krise hervorgerufen wurde, schafft ein neues Bewusstsein für den Umgang mit dem Planeten Erde. Dadurch wird der Megatrend Neo-Ökologie weiter in seinem Wachstum bestärkt.

Eines ist schon jetzt ganz klar zu bemerken, die Corona-Krise beschleunigt Prozesse, die so oder so hätten kommen müssen. Als Beispiel hierfür seien die verschiedenen Home Office Regelungen genannt. Einige deutsche Unternehmen setzten schon seit mehreren Jahren auf das Mobile Arbeiten aus dem Home Office. Gründe hierfür sind das effiziente Arbeiten, die flexiblen Arbeitszeiten, ein verbesserter Fokus und natürlich auch mehr Freiraum für Kreativität und Entspannung. Jedes Unternehmen, welches schon vor der Krise eine Home Office-Vereinbarung abgeschlossen hatte, ist nun einen Schritt voraus und profitiert hiervon. Andere binden nun Ressourcen mit dem Einrichten und der Organisation von Remote-Arbeitsplätzen.

Ein weiterer Punkt ist, wenn Home-Office und Kinderbetreuung in dasselbe Zeitfenster fallen, es Prioritäten zu setzen gilt. Auch die Unternehmen fangen nun an, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit in ihre Top-Themen aufzunehmen und neue Lösungen hierfür zu entwickeln.

Insgesamt findet ein Umdenken statt; bei jeder Privatperson und in jedem Unternehmen. Prioritäten verschieben sich, die Arbeitswelt wird digital, die Kommunikation verändert sich, Reisekosten werden durch Meetings über Telefon oder per Video durchgeführt wird. Dies sind die Anfänge einer grundlegenden Transformation der Arbeitswelt. Für Sie bieten sich hiermit eine Vielzahl neuer Chancen, welche es zu nutzen gilt.


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Gerne stehen Ihnen die RPC Experten für Ihre Fragen zur Verfügung.


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