Chancen des Gesundheitsmanagements in der Corona-Krise

Welche Chancen bieten sich für das Gesundheitsmanagement in der Corona-Krise?

Mit der Corona-Krise bieten sich für das Betriebliche Gesundheitsmanagement ungeahnte Chancen, denn in kaum einem Unternehmen war die Gesundheit jemals wichtiger denn heute.
 Jedes Unternehmen stellt spätestens mit dem ersten Auftreten von Corona-Infektionen im eigenen Unternehmen fest, was es bedeutet, wenn Mitarbeiter schlagartig ausfallen oder Quarantäne-Maßnahmen ergriffen werden müssen. Aber wie viele Betriebe haben denn zuvor einen fertigen Pandemie-Plan in der Schublade gehabt? In Deutschland dürften dies wahrscheinlich nur einige wenige Großkonzerne gewesen sein. In vielen Unternehmen ist die Koordination der Mitarbeitergesundheit stattdessen kurzfristig insbesondere durch die jeweilige Personalabteilung übernommen worden, da immer noch in einem großen Teil der deutschen Unternehmen keine funktionierenden Strukturen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements verankert sind. Dies liegt vor allem daran, dass bis zum Beginn der Corona-Krise das Thema Gesundheit in vielen Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Entsprechend waren in der jetzigen Krise häufig alle Kapazitäten der Personalabteilungen durch die unternehmensinterne Verwaltung der Corona-Krise blockiert. Individuelle Lösungen hätten in jenen Unternehmen schnell durch das Gesundheitsmanagement und die Arbeitssicherheit entwickelt werden können.


Die Corona-Krise macht die Bedeutung von Gesundheit offensichtlich

Durch die Corona-Pandemie wird auf einmal jedoch sehr offensichtlich, was Fehlzeiten im normalen Betrieb nur unterschwellig verdeutlichen können: fehlt der Mitarbeiter aufgrund von Krankheit, kommt es zu Störungen im Betriebsablauf, welche hohe Kosten verursachen. Hohe Krankenstände und damit verbundene ausufernde Lohnfortzahlungskosten waren auch vor der Corona-Pandemie in vielen Betrieben schon ein Problem; und dennoch wurden sie oft hingenommen. Die Opportunitätskosten eines mangelnden Betrieblichen Gesundheitsmanagements waren hoch, anderen Kosten jedoch oft noch höher und viele betriebliche Herausforderungen dringender. Taten folgten entsprechend selten, gerade weil im Management vieler Unternehmen zu oft noch der Glaubenssatz herrscht, dass der Mitarbeiter selbst und alleinig für seine Gesundheit verantwortlich ist. Dies kann man grundsätzlich so sehen, dennoch treibt es die Kosten des Unternehmens in die Höhe, nicht die des Mitarbeiters.

Nun führen die gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie aber dazu, dass in manchen Unternehmen ganze Abteilungen nicht mehr arbeitsfähig sind oder teilweise der Betrieb ausgesetzt werden muss, da zu viele Mitarbeiter von einer Infektion oder Quarantänemaßnahmen betroffen sind. Hier kann auch das Management nicht mehr tatenlos zusehen und die Bedeutung von Betrieblicher Gesundheit bedarf in diesem Moment keiner weiteren Erklärungen.


Von der Gesundheitsförderung zum systematischen BGM

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement kann in dieser Krise einen wertvollen Beitrag leisten, jedoch waren auch viele Gesundheitsmanager mit dieser neuen Situation und den Auswirkungen der Pandemie überfordert. Dies haben wir insbesondere in unseren Krisenberatungen zum Thema Infektionsschutz im Unternehmen festgestellt, welche wir seit Beginn der Corona-Pandemie umfangreich durchgeführt haben. Seitens der Gesundheitsmanager in den jeweiligen Unternehmen ergab sich hierbei im Wesentlichen eine zentrale Frage: „Was ist jetzt unsere Aufgabe im Betrieblichen Gesundheitsmanagement?“
Diese Frage ist richtig und wichtig, sie zeigt jedoch aber vor allem, wo die jeweiligen Unternehmen im Gesundheitsmanagement stehen. Obwohl viele Unternehmen durchaus viel Zeit und Geld in Gesundheit investiert haben, sind sie häufig in ihren Ansätzen zur Betrieblichen Gesundheit nicht über den Aspekt der Betrieblichen Gesundheitsförderung hinausgekommen. Im Wesentlichen wird also durch die jeweiligen Zuständigkeiten mit einer scheinbaren Planlosigkeit eine Maßnahme nach der anderen organisiert. Dies kann in der einen Woche ein Rückenschulkurs sein, in der nächsten Woche das Thema Gesunde Kantinenernährung und dann wiederum der Gesundheitstag in Kooperation mit der Krankenkasse.

Angebote von Krankenkassen sind in diesem Umfeld besonders beliebt, da - aufgrund mangelnder Investitionsbereitschaft des Managements - durch die Gesundheitsmanager an möglichst vielen Stellen versucht wird kostenfreie Angebote ins Haus zu holen. Dieser Ansatz führt jedoch zu nichts, da die ausgewählten Maßnahmen im Zusammenspiel keinerlei Konzept folgen und entsprechend ein roter Faden meist nicht erkennbar ist.
Besonders heikel hieran ist, dass den meisten Gesundheitsmanager überhaupt nicht klar zu sein scheint, wie das dahinterstehende Finanzierungskonzept der Krankenkassen gestaltet ist. Wer dies verstanden hat, weiß auch, dass es für Krankenkassen hauptsächlich interessant ist, möglichst viele Maßnahmen, bevorzugt im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung, in Unternehmen umzusetzen, um auf Basis des Präventionsgesetzes möglichst viel Budget durch den GKV-Spitzenverband zugeteilt zu bekommen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die durchgeführten Maßnahmen für Ihr Unternehmen auch sinnvoll sind. Häufig ist eher zu beobachten, dass mit der Umsetzung solcher Maßnahmen unnötig Personalkapazitäten gebunden werden, welche an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt wären. Darüber hinaus nutzen viele Krankenkassen gerne den Kontakt mit Ihren Mitarbeitern, um Neumitglieder für die eigene Krankenkasse zu gewinnen, stellen dies jedoch nicht transparent dar.
Sinnvoller scheint es hingegen, selbst Personal einzusetzen, welches mit spezifischen und definierten Aufgaben betraut wird, oder eine kostenpflichtige Dienstleistung einzukaufen, bei der das Unternehmen ein definiertes Ergebnis erwarten kann. Hierzu kann jedes Unternehmen auf Basis einer Kosten-Nutzen-Rechnung immer evaluieren, ob sich eine Investition in Gesundheit lohnt.

Eine Strategie nach dem Motto „Gesundheit können wir machen, es darf aber nichts kosten“ ist vollkommen irrsinnig, denn Sie folgt keinerlei Logik in der Bewertung des Erfolges einer Maßnahme. So gibt es eine Vielzahl an extrem kostenintensiven Maßnahmen, welche sich im Betrieblichen Gesundheitsmanagement theoretisch umsetzen ließen, jedoch in der Praxis meist keinerlei Erfolg zeigen. Andererseits gibt es auch zahlreiche Maßnahmen, welche für ein ganzes Unternehmen nur wenige Euro kosten und hochgradig zum Erfolg des BGM beitragen können. Hieran zeigt sich vor allem, dass der Preis kein zuverlässiges Bewertungskriterium für den Erfolg einer BGM-Maßnahme ist.

Vielmehr ist es notwendig, dass Gesundheitsmanager auf Basis einer dezidierten Analyse eine langfristige und nachhaltige BGM-Strategie entwickeln. Von dieser Strategie können dann auch passgenaue Maßnahmen abgeleitet werden, mit denen langfristig auch auf die Ziele des Unternehmens eingezahlt werden kann. Denn auch in Krisenzeiten gilt, dass Betriebliche Gesundheit zeigen muss, dass es sich hierbei um eine lohnenswerte Investition handelt. Mit einer fundierten BGM-Strategie, welche Kosten und Nutzen detailliert abwägt, ist hierfür eine gute Ausgangsbasis gelegt.

Das alleinig die Durchführung und Organisation von Gesundheitsförderungsmaßnahmen keine Ausgangsbasis für einen langfristigen Erfolg im BGM darstellt, spüren die betroffenen Gesundheitsmanager gerade mit aller Deutlichkeit, denn bisherige Maßnahmen, wie zum Beispiel Sportkurse oder ähnliches sind durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie aktuell nicht gefragt. Hier besteht schnell der Drang, solche ungenutzten Angebote zusammenzustreichen, um Kosten zu senken. Hat der Gesundheitsmanager jedoch jetzt nichts anderes anzubieten, besteht auch schnell die Gefahr, dass bereits etablierte Ansätze von Betrieblicher Gesundheit mit der Corona-Krise in der Versenkung verschwinden. Für die Welt der Betrieblichen Gesundheit wäre dies ein herber Rückschlag.


Die Corona-Krise führt zu einem Wertewandel

Aktuell hat die Gesundheit gesellschaftlich einen so großen Stellenwert erlangt, dass die öffentliche Diskussion um die vertretbaren Gemeinkosten zur Erhaltung der Gesundheit fast nicht mehr hinterfragt werden darf. Hierin ist vor allem ein Wertewandel zu erkennen, welcher zukünftig auch der Betrieblichen Gesundheit zugutekommen wird.
Wenige Unternehmen waren bisher dazu bereit in die Gesundheit der eigenen Mitarbeiter zu investieren, wenn es sich denn nicht auch am Ende lohnt. Besonders beachtet wurde daher in jedem Projekt auch der Return-on-Invest. Nun stellt sich in der Zeit der Corona-Krise jedoch heraus, dass Gesundheit einen deutlichen höheren Wert hat, nämlichen einen unternehmerischen und ökonomischen Wert, aber auch eine individuellen und gesellschaftlichen Wert.
Gerade nach der Krise ist es daher wichtig, dass das Gesundheitsmanagement in Unternehmen zwar auch nach wie vor zeigt, dass eine Investition in die Gesundheit der Mitarbeiter sich lohnen muss, jedoch ein funktionierendes Gesundheitsmanagement auch von einem verantwortungsbewussten und nachhaltigen Unternehmertum, ganz im Sinne einer Corporate Social Responsibility und Good Corporate Citizenship, zeugt. Hierfür ist es wichtig, die Verantwortung für dieses Thema gezielt im Management zu platzieren und gemeinsam mit einem interdisziplinären Team die individuelle Gesundheitsstrategie für das Unternehmen zu entwickeln.
Auch bestehende BGM-Strategien gilt es vor dem Hintergrund der in der Corona-Krise gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen zu hinterfragen. Insbesondere wenn Unternehmen einen Krisenstab zur Bewältigung der Pandemie gebildet haben, sollten diese Strukturen nicht einfach so auslaufen und wieder abgeschafft werden, sondern die daraus entstandene Energie positiv genutzt und langfristig in ein Betriebliches Gesundheitsmanagement überführt werden.

Mit der Corona-Pandemie ist nun also auch die Zeit gekommen, eine neue Strategie für das Betriebliche Gesundheitsmanagement im eigenen Unternehmen zu entwickeln. Hierbei sollten Gesundheitsmanager insbesondere frühzeitig auf die kommenden Trends eingehen. Wichtig ist zu prüfen, wie sich das Unternehmen und das Umfeld des Unternehmens im Nachgang der Corona-Krise entwickeln wird und welche Auswirkungen allgemeine Megatrends auf das Unternehmen und die Arbeitsweise der Mitarbeiter haben werden.


Engpasskonzentrierte Strategie bis zum Abklingen der Corona-Pandemie

Nach einer kurzen Phase der strategischen Neuausrichtung scheint insbesondere eine starke Fokussierung auf das Thema Infektionsschutz sinnvoll, denn die Corona-Pandemie wird uns auch in den nächsten Monaten noch umfassend begleiten. In dieser Zeit kann das Gesundheitsmanagement mit einer Vielzahl von Maßnahmen des Infektionsschutzes dazu beitragen, dass die Gesundheit der Beschäftigten erhalten bleibt und damit auch die Betriebsabläufe gesichert werden. Das Spektrum kann hier von ganz praktischen Hygienemaßnahmen, über Schulungen und Sicherheitsunterweisungen, bis hin zu individuellen Beratungsangeboten für Mitarbeiter und Führungskräfte zum Umgang mit der Corona-Pandemie, reichen; natürlich bestmöglich digital und unter Wahrung des entsprechenden Mindestabstandes.
Über eine solche engpasskonzentrierte Strategie kann das Gesundheitsmanagement seine Ressourcen konzentrieren und seinen Wert für das Unternehmen in Krisenzeiten auf allen Ebenen unter Beweis stellen. Diese Fokussierung sollte aufrechterhalten werden, bis die akute Corona-Pandemie abgeklungen ist.


Die Krise muss auch im Unternehmen aufgearbeitet werden

Im weiteren Verlauf sollten Gesundheitsmanager auch sicherstellen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Krise im Unternehmen umfassend aufgearbeitet werden. Erkrankte und betroffene Mitarbeiter dürfen nicht als Kollateralschaden der Krise unter den Tisch fallen gelassen werden. Aussagen wie „Mein Mitarbeiter konnte ja nichts dafür, dass er an dem Corona-Virus erkrankt ist. Und jetzt ist er ja wieder aus der Quarantäne da, was soll ich ihn da noch unterstützen?“, sind hier besonders gefährlich. Ähnliche Phänomene sind häufig im Betrieblichen Eingliederungsmanagement zu beobachten, wenn Mitarbeiter mit scheinbar eindeutigen Diagnosen, wie zum Beispiel einem Beinbruch, nach langer Ausfallzeit wieder zurück ins Unternehmen kommen. Hier werden die langfristigen Auswirkungen einer solchen Fehlzeit oft verkannt und deshalb der Mitarbeiter auch nicht wieder „eingegliedert.“
Speziell im Fall der Corona-Pandemie gibt es noch eine Vielzahl ungeklärter Fragen, vor allem im Hinblick auf die Bewertung und Abrechnung der Fehlzeiten. Handelt es sich hierbei um Fehlzeiten im Sinne einer Arbeitsunfähigkeit, Sonderurlaub oder ist vielleicht eine gänzlich andere Bewertung notwendig? Auch hier muss eine klare Regelung für den betrieblichen Umgang mit Fehlzeiten, welche aus der Corona-Pandemie resultieren, getroffen werden, insbesondere damit kein Mitarbeiter „aus Versehen“ vergessen wird und auf der Strecke bleibt.


Abwesenheit in der Corona-Pandemie

Was Sie bei der Bearbeitung von Abwesenheitszeiten in der Corona-Pandemie beachten sollten, haben wir für Sie übersichtlich in unserem Helpcenter aufbereitet.


In vielen Unternehmen wird ein Neustart notwendig sein

Unabhängig von der Bewertung der Fehlzeiten, wird in vielen Unternehmen ein Neustart notwendig sein. Die meisten Unternehmen dürften sich aktuell im Krisen-Modus befinden, einige kämpfen möglicherweise auch um das Überleben. Die Unternehmen setzen daher aktuell auf Kurzarbeit oder müssen Mitarbeiter sogar entlassen, um die Corona-Krise zu bewältigen. Für die verbleibende Belegschaft wird dies nicht ohne Folgen bleiben. Einfach so an den Arbeitsplatz zurückzukehren und so zu tun, als wäre nichts passiert, wird kaum möglich sein. Dies wird sich auch erheblich auf die Motivation, die Leistungsfähigkeit und das Engagement der Mitarbeiter auswirken. Es ist daher notwendig die Mitarbeiter wieder für das Unternehmen zurückgewinnen und gleichzeitig auch wieder langfristig an das Unternehmen zu binden. BGM kann hier vor allem als Instrument des Change-Managements fungieren und auch einen kulturellen Neustart im Unternehmen einleiten.

In den meisten Unternehmen fungierten auch in der Vergangenheit Projekte zum Gesundheitsmanagement vor allem als „verdeckte“ Change-Projekte, hin zu einer verbesserten Mitarbeiterbindung, neuer Motivation und gesunder Führung. Somit kann das Betriebliche Gesundheitsmanagement nun auch bei einem Neuanfang nach der Krise sinnvoll unterstützen. Durch die Möglichkeiten des BGM wird die Mitarbeiterbindung aufrechterhalten und weiter verstärkt. Zudem kann das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen wieder gewonnen werden. Dies ist besonders wichtig, wenn über den eigenen Arbeitgeber Nachrichten in den Medien aufgetaucht sind, die Ängste geschürt haben könnten. Daher gilt es, viel und offen mit den Mitarbeitern zu kommunizieren. Dies unterstützt ebenfalls die Mitarbeiter auf dem Weg heraus aus dem Krisenmodus, der mit Ängsten und Sorgen, bis hin zu psychischen Erkrankungen, besetzt ist, hin zu einer produktiven Arbeitsweise.


Instrumente des Gesundheitsmanagements sind gut geeignet

Neben einem allgemeinen kulturellen Neustart, welcher vor allem auch durch das Management vorgelebt werden muss, können im Einzelfall auch die bestehenden Instrumente des Betrieblichen Gesundheitsmanagement sehr gut genutzt werden, um Mitarbeiter individuell auf dem Weg in einen neuen Unternehmensalltag zu begleiten.
Sinnvoll ist hierbei vor allem das Employee Assistance Program (EAP), im Sinne einer intensiven, persönlichen und lösungsorientierten Mitarbeiterberatung. Viele Mitarbeiter werden durch die Corona-Krise auch persönliche Probleme entwickelt haben, zum Beispiel finanzielle Probleme in Folge des Kurzarbeitergeldes oder familiäre und partnerschaftliche Konflikte. All dies können Faktoren sein, welche den Mitarbeiter intensiv belasten können. Es ist also sinnvoll hier entsprechende Unterstützungsangebote bereitzustellen.

Ebenso werden Sie vielleicht feststellen, dass Mitarbeiter nur kurzzeitig gefehlt haben oder aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus nicht zur Arbeit erschienen sind. Bei manchen Mitarbeitern werden sie vielleicht auch den Verdacht haben, dass diese die kurzzeitig eingeführten Regelungen zur telefonischen Krankschreibung ausgenutzt haben könnten und Sie es möglicherweise mit „Blaumachern“ zu tun haben, also ein Verdacht auf motivationsbedingte Abwesenheit vorliegt.

Für alle diese Situationen ist das Fehlzeitenmanagement mit den Instrumenten des Begrüßungsgespräches, Fehlzeitengespräches und Anerkennungsgespräches hervorragend geeignet. Mit einem persönlichen Begrüßungsgespräch (ggf. telefonisch oder per Videokonferenz) können Sie Ihrem Mitarbeiter verdeutlichen, dass Sie seine Abwesenheit zur Kenntnis genommen haben und vor allem, dass Sie sich freuen, dass Ihr Mitarbeiter wieder zurück am Arbeitsplatz ist.

Bei längeren oder auffälligen Fehlzeiten können Sie darüber hinaus ein spezifisches Fehlzeitengespräch führen. Auch hier verdeutlichen Sie, dass Sie die Abwesenheit registriert haben und können gleichzeitig Ihre Unterstützung bei eventuellen betrieblichen oder persönlichen Schwierigkeiten anbieten.

Vergessen Sie jedoch auch auf keinen Fall diejenigen Mitarbeiter, welche trotz Corona & Co. stets anwesend waren oder sich aus dem Home Office heraus für Ihr Unternehmen engagiert haben. Auch wenn Sie vielleicht vollkommen zu Recht der Überzeugung sind, dass es normal ist keine Fehlzeiten zu haben, so wird sich Ihr Mitarbeiter dennoch darüber freuen, wenn Sie ihm Ihre Anerkennung für seine Leistung in einem persönlichen Gespräch ausdrücken.

Möglicherweise gab es auch in Ihrem Unternehmen Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus. Die an der hieraus resultierenden neuartigen Lungenkrankheit Covid-19 erkrankten Mitarbeiter sollten eine besondere Aufmerksamkeit erhalten. Je nachdem wie der einzelne Krankheitsverlauf ausgesehen hat, wird es Mitarbeiter geben, die lediglich ihr Immunsystem wieder stärken müssen, bis hin zu Mitarbeitern, welche physisch, organisch und psychisch unter der Viruserkrankung gelitten haben und auch in den folgenden Monaten noch nicht zu ihrer vollen Leistungsfähigkeit zurückkehren werden. In Rücksprache mit dem Betriebsmediziner, oder bei Langzeiterkrankten auch mit dem BEM-Team, ist es wichtig, diese Mitarbeiter im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzusetzen und die Gesundheit und Leistungsfähigkeit gemeinsam zu stärken. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist ein Baustein aus dem BGM, welcher in diesen Fällen sinnvoll eingesetzt werden kann.

Der Betriebliche Gesundheitsmanager kann diese drei Elemente federführend umsetzen bzw. Führungskräfte als Multiplikator in der Durchführung befähigen.


Megatrends werden die Richtung im BGM vorgeben

Langfristig ist wichtig zu erkennen, dass die aktuellen Megatrends, welche die Entwicklung unserer Arbeitswelt maßgeblich bestimmen, auch die Richtung im Betrieblichen Gesundheitsmanagement vorgeben werden. Ein wesentlicher Trend ist hierbei die umfassende Digitalisierung. Hierauf muss auch das Betriebliche Gesundheitsmanagement reagieren und ein digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement entwickeln. Grundsätzlich bedeutet dies vor allem, dass es notwendig ist zunächst einmal Prozesse und Strukturen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zu digitalisieren und softwaregestützt umzusetzen. Dies kann unter anderem bedeuten, eine spezielle Software für das Betriebliche Gesundheitsmanagement einzusetzen oder entsprechende Prozesse in bestehende Personalprogramme zu integrieren.

Optimal sind hierfür cloudbasierte HRM-Systeme geeignet, auf die sowohl Mitarbeiter, Führungskräfte, als auch Personaler gemeinsam zugreifen und spezifische Prozesse und Aufgaben bearbeiten können. Zum Beispiel kann hierüber ein Gesundheitsmanager einzelne Aufgaben an eine Führungskraft oder den Betriebsmediziner delegieren. Beispiele für solche HRM-Systeme sind P&I LOGA3 oder HRWorks.

Ebenfalls spannend aus Sicht des Betrieblichen Gesundheitsmanagements sind alle HRM-Systeme, welche mit weiteren Anwendungen verknüpft werden können. So lässt sich zum Beispiel das HRM-System Bamboo HR bereits systemseitig mit diversen Online-Lernplattformen verknüpfen. Lerninhalte können so direkt aus dem Personalprogramm an Mitarbeiter zugeteilt werden. Gesundheitsmanager können so zum Beispiel im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung indikationsspezifische Schulungen an Mitarbeiter ausrollen, welche im Krankheitsfall den Genesungsprozess sehr spezifisch unterstützen können.

Insellösungen sind insgesamt aus Unternehmenssicht nicht sinnvoll, da Sie früher oder später zu Hürden aufgrund von mangelnder Kompatibilität führen werden. Grundsätzlich ist es daher für den Gesundheitsmanager interessant, wenn Personalprogramme über eine offene API-Schnittstelle verfügen und so mit fast allen anderen bestehenden Programmen verknüpft werden können. So können Prozesse des Betrieblichen Gesundheitsmanagements auch digital abgebildet werden. Einzelne Aktionen bis hin zu ganze Prozessen können so automatisiert werden. Der Gesundheitsmanager erreicht so Mitarbeiter deutlich schneller und erhält mehr Zeit für eine persönliche Interaktion mit den Mitarbeitern.
Bedacht werden sollte ebenfalls, dass die Entwicklungen der Industrie 4.0 und des New Work einen enormen Einfluss auf die Schwerpunkte des Betrieblichen Gesundheitsmanagements nehmen.


Weg von der Work-Life-Balance, hin zum Lifework

Der Trend hin zum New Work wird auch dazu führen, dass Mitarbeiter neue Kompetenzen erlernen müssen. Den meisten Menschen mangelt es bisher an Kompetenzen, um Arbeiten und Leben in einem integrativen Lebensstil zu vereinen. Es ist gerade dieser Mangel an Bewältigungskompetenz, aus welchem überhaupt erst das Konzept der Work-Life-Balance hervorgehen konnte. Denn es beruht unter anderem auf der Annahme, das Arbeit hart, aber keinesfalls smart ist. Basierend auf dieser Annahme ist es für den Mitarbeiter natürlich notwendig sich von einer anstrengenden Arbeit umfassend zu erholen, um so seine scharf voneinander abgetrennten Lebenswelten des Arbeitens und der Freizeit in einem permanenten Gleichgewicht zu halten. Zementiert wird dieses Modell vor allem durch die Gewerkschaften, welche glauben, ihre Mitglieder vor den "Mahlsteinen des zermürbenden Kapitalismus“ schützen zu müssen. Ebenso wird fast in jeder Ausgabe der Magazine der Berufsgenossenschaften und der Krankenkassen hierüber berichtet.
Natürlich ist es wichtig, dass Arbeitnehmer geschützt werden, dabei muss jedoch auch die Entwicklung der neuen Arbeitswelt berücksichtigt werden. Denn die heutige Lebensrealität und das an fast allen Stellen beschworene Modell der Work-Life-Balance harmonieren nur schlecht miteinander.

Dieses Modell gleicht vielmehr einem dauerhaften Kunststück, als ob ein Jongleur mit Lebenswelten-Bällen jongliert und versucht diese möglichst lange in der Luft zu halten. Lässt er sich jedoch ablenken, entgleiten ihm diese Bälle. Es kommt zwangsläufig dazu, dass das Gleichgewicht nicht mehr stimmt und die Bälle zu Boden fallen. Mit aller Macht und viel Energie müssen wir uns dann gegen dieses Ungleichgewicht stemmen, um zu versuchen wieder ins Gleichgewicht zu finden. Bei vielen Menschen entsteht hieraus vor allem das Gefühl, nie fertig zu werden und immer nur auf dem Sprung zu sein. Dies berichten gerade junge Eltern sehr häufig, die intensiv zwischen ihren Lebenswelten hin und herspringen. Sie haben häufig das Gefühl, weder ihrem eigenen Anspruch an ihre Arbeit, noch an ihr Familienleben gerecht zu werden. Das Resultat dieses Modells sind häufig Burnout und Co.

Dabei ist es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ausschließlich unsere Arbeit, die uns krank macht, sondern vor allem das krampfhafte Festhalten an einem Lebensmodell, das einfach nicht mehr in unsere heutige Zeit passt. Denn das Modell der Work-Life-Balance ist eine Konstrukt, welches viele von uns ungeprüft von ihren Eltern übernommen haben. Es stammt aus einer Zeit, als der Sonntag noch heilig war und das Leben noch etwas langsamer verlief, sie haben es jedoch nur nicht neumodisch Work-Life-Balance genannt. Problematisch ist hierbei jedoch, dass unsere Eltern nicht damit konfrontiert waren, umfassende Antworten auf die Herausforderungen einer vollständig digitalisierten und globalisierten Welt zu finden. Viele von ihnen stehen den technischen Errungenschaften unserer heutigen Zeit sogar sehr skeptisch gegenüber.

Aber nur, weil manche Menschen bestimmte Entwicklungen nicht mehr verstehen, so bedeutet dies noch lange nicht, dass diese schlecht sind. So kann man sich zum Beispiel sicherlich daran stören und teilweise auch damit überfordert sein, wenn täglich 100 und mehr E-Mails im Postfach sind. Es ist aber gleichzeitig genau diese technische Entwicklung, welche es uns ermöglicht hat, als globale Gemeinschaft zusammenzuwachsen und inzwischen über den gesamten Globus hinweg in Echtzeit zu kommunizieren. Und gerade diese intensive Form der Vernetzung und des globalen Handels ist es, welche uns in Europa seit sehr langer Zeit auch den Frieden sichert. Wer dies nicht erkennen kann, glaubt auch, dass früher alles besser gewesen sei.

Vielmehr wird in unserer heutigen digitalisierten und vernetzten Gesellschaft deutlich, dass ein umfassender Persönlichkeitsentwicklungsprozess notwendig ist. Die Corona-Krise ist für dieses Entwicklungsfeld quasi ein Brennglas, welches aufzeigt, dass die Entwicklung neuer Fähigkeiten und Kenntnisse für die Bewältigung der Herausforderungen unserer heutigen Zeit wichtiger ist, als fortwährend über vermeintliche Leistungsverdichtung und Dauerstress zu sprechen. Hiermit verhindern wir als Gesellschaft vielleicht sogar, diese Fähigkeiten in der breiten Masse endlich zu erlernen.

Antworten auf die heutige schnelllebige Zeit können vor allem die Konzepte der Achtsamkeit bieten. Grundsätzlich vermitteln alle diese Konzepte einen ähnlichen Ansatz, der insbesondere auf der Entwicklung eines Geisteszustandes beruht, in welchem wir unsere Gedanken, unseren Körper und unsere Umwelt bewusst wahrnehmen, jedoch diese Eindrücke nicht bewerten, sondern auch wieder ziehen lassen können. Durch ein Training unseres Bewusstseins kann es uns gelingen vieles von dem, was wir heute als Stressfaktoren identifizieren, loszulassen. Denn wer loslässt, hat zwei Hände frei, mit denen er sich den Dingen widmen kann, die im Leben wirklich von Bedeutung sind.

Auf Stress reagiert der menschliche Körper immer noch wie bei unseren steinzeitlichen Vorfahren: Eine starke Ausschüttung von Stresshormonen stellt den menschlichen Körper auf Kampf oder Flucht ein. Mit etwas Abstand kann jeder schnell erkennen, dass diese Reaktion für die Bearbeitung des eigenen Posteingangs jedoch übertrieben ist, sei es bei der Arbeit oder in der vermeintlichen Freizeit.

Statt zu versuchen viel Kraft und Energie in die permanente Kontrolle äußerer und teilweise nicht beeinflussbarer Faktoren zu investieren, unterstützt das Konzept der Achtsamkeit vor allem dabei, eine mentale Neubewertung vorzunehmen. Mit Esoterik hat dies alles nichts zu tun, sondern vor allem mit wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen der Gehirnforschung und der Psychologie. Menschen müssen daher vor allem Fähigkeiten erlernen, welche in Methoden wie dem Life Design oder dem Design Thinking wiederzufinden sind.

Das Gesundheitsmanagement kann hierzu beitragen, diese Kompetenzen zu vermitteln und Mitarbeiter auf einem solchen Weg der persönlichen Entwicklung zu begleiten. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn Gesundheitsmanager in Zukunft den ausgetretenen Pfad der Betrieblichen Gesundheitsförderung und ihrem One Size Fits All Ansatz verlassen. Statt eine Angebotsstrategie zu verfolgen, bietet sich mit dem digitalen Betrieblichen Gesundheitsmanagement vor allem die Möglichkeit, ein hochgradig zielgruppenspezifisches und lösungsorientiertes Vorgehen zu entwickeln, welches sich auf die Aktivierung und Entwicklung individueller Ressourcen konzentriert. Mitarbeiter entwickeln hierdurch eine verbesserte Resilienz, welche auch bei der Bewältigung zukünftiger Krisen jeder Art helfen kann.

Gleichzeitig bringt eine Gemeinschaft von Mitarbeitern mit einer hohen Resilienz und ausgeprägter Bewältigungskompetenz auch Unternehmen hervor, die man als „Agile Unternehmen“ bezeichnen würde. Dies sind vor allem Unternehmen, welche sich auch in Zeiten wie der Corona-Krise schnell auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen können und statt Problemen die Chancen erkennen, die sich auch in dieser Krise bieten.
Soll ein Gesundheitsmanager einen solchen echten Wandel ins Unternehmen bringen, dann muss er auch mit den Kompetenzen und Befugnissen ausgestattet sein, um eine solche Veränderung gemeinsam mit dem Management überhaupt vorantreiben zu können.

Für die Zukunft braucht es daher also auch eine echte Aufwertung der Stellung des Gesundheitsmanagers und die Erkenntnis, dass seine Aufgaben deutlich über die Organisation von Gesundheitsmaßnahmen hinausgehen.


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